Ein heißer Tanz in Schwarz und Weiß

Der Hamburger Fotograf Oliver Görnandt zeigt, wie es aussieht, wenn man mitten in einer Choreografie ist – im Fanblock von St. Pauli

Im Fernsehen sind Szenen von den Rängen nicht mehr als standardisierte Berichterstattungstapeten, und auch die Printmedien vermitteln die Reichhaltigkeit der Bildsprache, die Stadien und Fans hervorbringen, höchstens bruchstückhaft. Dem Hamburger Fotografen Oliver Görnandt ist das aufgefallen. Und es hat ihn gestört.

Deshalb hat er ein Jahr lang in der Gegengerade des Millerntor-Stadions fotografiert, um frische Blickwinkel zu zeigen. Wie sieht eine Papier-Choreographie aus, wenn man mittendrin ist, und wie fühlt es sich an, wenn man den Wind einer Riesenfahne spürt?

Aber auch die Normalität jenseits imposanter Jubelszenen hat er mit seinen Schwarzweiß-Fotos eingefangen: Fan sein, das heißt angespannt darauf warten, dass endlich etwas passiert. Das wissen nicht nur die Anhänger mittelmäßiger Regionalligaklubs. Eine „intime Reportage“ nennt Görnandt seine Bilder-Serie, die insgesamt 1.000 Fotografien umfasst. Eine Auswahl daraus zeigt jetzt die nicht minder intime Hamburger Galerie Feinkunst Krüber unter dem Titel Rückblick in die Gegengerade.

In der Off-Galerie am Hafen treffen Fußball und Kunst nicht zum ersten Mal aufeinander. So waren hier 2001 Tobias Mohrs Wahre Helden zu sehen – ironisch verklärende Ölbilder der Weltmeistertruppe von 1974. Die Verbindung zwischen Fußball und Kunst mag bisher in erster Linie für kleine Galerien ein Thema gewesen sein, aber im Vorfeld der WM 2006 wird sich das ändern. Schon ab Herbst 2005 wird im Berliner Gropius-Bau die von Harald Szeemann zusammen gestellte Großausstellung „Rundlederwelten“ gezeigt. Ob Malerei oder Skulptur, ob Pop Art oder Neue Sachlichkeit – der Schweizer Kurator hat Exponate aus zahlreichen Genres und Richtungen vorgesehen. Und vielleicht wird man in den ehrwürdigen Räumen ja sogar einen Blick in die Gegengerade eines Regionalligastadions werfen können. René Martens

„Rückblick in die Gegengerade“, Feinkunst Krüger, Ditmar-Koel-Str.22, Hamburg. Freitags 12-19 Uhr, samstags 12-17 Uhr und nach Vereinbarung ☎ 040 / 31 79 21 58. Bis 5.2.