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Archiv-Artikel

Warum die Bundesbanker die HRE-Pleite nicht ahnten

HYPO REAL ESTATE Die Anlagen der Bank hatten „hohe Qualität“, heißt es im Untersuchungsausschuss

BERLIN taz | So kann man sich irren: Die Bundesbank hat die Hypo Real Estate im Frühjahr 2008 intensiv überprüft – und keine unmittelbaren Risiken festgestellt. Doch schon ein halbes Jahr später war die Bank faktisch pleite. Seither wird die Hypo Real Estate (HRE) mit Garantien und Kapitalhilfen in Höhe von 102 Milliarden Euro am Leben erhalten.

Warum die Bundesbank den drohenden Konkurs nicht kommen sah – das beschäftigte am Donnerstag den HRE-Untersuchungsausschuss im Bundestag. Als Zeuge war Manfred Eder geladen, der die HRE-Kontrolle geleitet hatte. Neunzehn Bundesbanker umfasste damals sein Team, denn „die Prüfung war sehr komplex und umfangreich“. Mit dem HRE-Vorstand habe es dabei keine Probleme gegeben. Eder beschreibt die Zusammenarbeit als „kooperativ“.

Bei ihrer Kontrolle fiel den Bundesbankern durchaus auf, dass die HRE ihr Risikomanagement verbessern musste. „Aber wir haben keine existenzbedrohende Lage vorausgesehen.“ Denn für die Bundesbanker war im Frühjahr 2008 schlicht undenkbar, dass der Kreditfluss zwischen den Banken weltweit zusammenbrechen könnte. „Noch nie in der Nachkriegszeit gab es eine solche Verwerfung des Marktes“, rechtfertigte sich Eder immer wieder. Doch genau dieses unwahrscheinliche Ereignis trat im September 2008 ein, als die US-Investmentbank Lehman Brothers Konkurs anmelden musste. Plötzlich war keine Bank mehr bereit, einer anderen Bank Geld zu leihen.

Damit aber war das Geschäftsmodell der irischen HRE-Tochter Depfa obsolet: Sie hatte langfristige Staatskredite kurzfristig refinanziert. Fast die Hälfte der Bilanzsumme hing davon ab, dass andere Banken fortwährend Kredit zur Verfügung stellten. Dieser Geldfluss stockte nach der Lehman-Pleite. Damit geriet die HRE in eine paradoxe Situation: Ihre „Assets“, also ihre Anlagen, waren von „hoher Qualität“, wie Eder bescheinigt. Aber es fehlte eben an Liquidität. Anders als viele deutsche Banken besaß die HRE kaum toxische Wertpapiere – und war trotzdem pleite. „Das Ergebnis unserer Prüfung hätte anders ausgesehen“, gibt Eder zu, wenn man geahnt hätte, dass der Interbankenmarkt zusammenbricht. „Aber ich kenne keinen, der das vorausgesehen hat.“

Zudem waren die Bundesbanker durch ihren Prüfauftrag beschränkt. Es war ganz ausdrücklich nicht das Ziel, das eigentliche Geschäftsmodell der Depfa zu kontrollieren. Die Bundesbank gab damals keinen Kommentar dazu ab, dass langfristige Kredite kurzfristig refinanziert wurden. „Wir hätten uns angemaßt, wir wären die besseren Banker.“ Stattdessen wurden nur die Prozesse des Risikomanagements überprüft, was dann zu zwölf „gewichtigen“ Beanstandungen führte. Vor allem die EDV wurde kritisiert. Aber als wirklich gefährlich galt keines der Probleme – weswegen eine erneute Überprüfung auch erst für das zweite Halbjahr 2009 angesetzt wurde. Dieser Termin hat sich inzwischen erübrigt. ULRIKE HERRMANN