gesundheitskampagne : Anti-Rauch-Politik ist schizophren
Das Essener Bündnis gegen das Rauchen ist vorbildhaft, doch leider mittellos. Die Krankenkassen zahlen nur einen Teil der Entwöhnungskurse, beteiligen sich bisher nicht finanziell an den Nichtraucher-Projekten der Stadt. Doch die Halbherzigkeit im Kampf gegen die Zigarette, die mehr gesundheitliche Schäden hervorruft als Alkohol und andere Suchtstoffe zusammen, wird von Berlin vorgegeben.
KOMMENTAR VONNATALIE WIESMANN
Die Bundesregierung befindet sich in einer schizophrenen Situation: Sie erhöht die Tabaksteuer und klagt dann über mangelnde Einnahmen – weil eine Zigarettenschachtel für vier Euro tatsächlich einige RaucherInnen zum Aufhören bringt. Darüber sollte sich die Bundesregierung freuen. Dass sie das nicht tut, zeigt sie auch damit, dass sie als einzige europäische Regierung zurzeit vor dem Europäischen Gerichtshof gegen ein EU-weites Verbot der Tabakwerbung klagt. Selbst die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk, findet trotz ihrer „Rauchen ist uncool“-Kampagnen ein totales Werbeverbot für ein legales Produkt „schwierig“. Bei einer solchen Unterstützung der Tabakindustrie ist nicht zu erwarten, dass Deutschland sich in absehbarer Zeit auf den selben Weg wie Irland und Italien begibt. Anders als dort werden Kneipen und Restaurants weiter Raucherzonen bleiben. Dagegen hilft auch nicht der gute Wille einer Stadt wie Essen, denn sie kann das Rauchen nur in deneigenen Einrichtungen verbieten.