: Wrackteile gesichtet
FLUGKATASTROPHE Brasilianische Luftwaffe: Trümmer stammen möglicherweise von vermisstem Airbus
PARIS taz | Mit einer Schweigeminute haben am Dienstagnachmittag die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung der Opfer der Flugzeugkatastrophe über dem Atlantik gedacht. Wenige Minuten zuvor bestätigte in Brasilia ein Militärsprecher, die brasilianische Luftwaffe habe Metallteile im Atlantik gesichtet – darunter einen Sitz. Er sprach auch von Treibstoff an der Wasseroberfläche. Der Fund wurde 650 Kilometer nordöstlich des Archipels Fernando de Noronha geortet – rund 1.100 Kilometer vom brasilianischen Festland entfernt. Die brasilianische Armee hält es für möglich, dass es sich um Wrackteile des Airbus handelt, der in der Nacht zu Montag mit 228 PassagierInnen an Bord auf der Strecke zwischen Rio und Paris verschwunden ist.
Französische Militärsprecher auf der Luftwaffenbasis im westafrikanische Senegal zeigen sich gegenüber der neuen Meldung aus Brasilien skeptisch. Sie hatten dieselbe Haltung schon zuvor gegenüber dem Bericht eines brasilianischen Piloten, der den Atlantik in der Nacht zu Montag in umgekehrter Richtung wie die Katastrophenmaschine überflogen hatte. Der brasilianische Pilot, so zitierte ihn der Vizepräsident seines Landes, will im Atlantik, unweit der senegalesischen Küste, „mehrere leuchtende orange Flecken“ an der Wasseroberfläche gesehen haben. Sie ließen ihn an Feuer denken.
Am Dienstag haben mehrere Mitglieder der französischen Regierung, darunter Verteidigungsminister Hervé Morin, angedeutet, dass die Nachforschungen über die Ursache der Katastrophe lang und kostspielig sein würden. Vorerst gelten in Paris sämtliche Hypothesen als möglich. Sie reichen von einem Blitzeinschlag über schwere Turbulenzen, die die Maschine zerrissen haben könnten, bis hin zu einem Druckabfall und einer totalen Elektronikpanne an Bord oder einer Verkettung mehrere dieser fatalen Umstände. Auch ein Attentat wird in Frankreich noch nicht definitiv ausgeschlossen.
Zugleich macht die französische politische Führungsspitze weitere Gesten an die Adresse der Angehörigen. Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der am Montagnachmittag am Flughafen Roissy bereits mit einigen Betroffenen gesprochen hat, will am kommenden Montag die Angehörigen der Opfer im Élysée-Palast empfangen. Umweltminister Jean-Louis Borloo bietet jenen, die es wünschen, an, dass sie an den Unglücksort fahren. Zudem ist eine religiöse Zeremonie in Vorbereitung.
Die Gesellschaft Air France, die derzeit die schwerste Katastrophe seit ihrem Bestehen erlebt, hat die Angehörigen, von denen einige erst am Dienstag auf dem Flughafen Roissy angekommen sind, hermetisch von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Die meisten Bilder, die in den französischen Medien von trauernden und weinenden Angehörigen zu sehen sind, stammen aus Rio de Janeiro.
Am Bord des Airbus befanden sich Passagiere aus 32 Ländern. Die Mehrheit von ihnen (72 Personen) stammt aus Frankreich, die zweitgrößte Gruppe (59) aus Brasilien. Mit 26 Personen waren die Deutschen die drittstärkste Gruppe an Bord des Flugs mit der Nummer 447. DOROTHEA HAHN