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Archiv-Artikel

Neuer Anfang für den „Aufbau“

Die jüdische Traditionszeitung „Aufbau“ erscheint ab heute als Monatsmagazin. Früher schrieben Emigrantenwie Thomas Mann und Hannah Arendt für die Redaktion in New York, jetzt wird die Zeitschrift in Zürich gemacht

Nach den Gesprächen wusste Yves Kugelmann, dass es Sinn macht. Er hatte Stammleser zur Zukunft der im März 2004 zuletzt erschienenen jüdischen Traditionszeitung Aufbau befragt. „Das ist eine avantgardistische, sehr offene Pioniergeneration. Die wollten etwas Neues.“ Heute erscheint nun „der neue alte Aufbau“, wie Kugelmann sagt. Der Chefredakteur der in Zürich sitzenden Jüdischen Medien AG (JMAG), welche die Verlagsrechte erwarb, wird künftig neben dem Wochenmagazin Tachles auch den Aufbau leiten. Dieser wurde 1934 in New York als deutschsprachige Emigrantenzeitung gegründet. Mit Autoren wie Thomas Mann oder Hannah Arendt wurde der Aufbau zum wichtigsten Organ jener kulturellen Tradition, die von den Nazis in Deutschland vernichtet worden war. Doch spätestens in den 1990ern schien es, als habe die jüdisch-transatlantische Zeitung ihre Schuldigkeit getan. Der Versuch, mit einem redaktionellen Teil in englischer Sprache neue Leser zu gewinnen, scheiterte. „Verlegerisch ist es nicht vernünftig“, sagt Kugelmann, „aber der Aufbau ist ein Mehrwert an Qualität.“ Fortan erscheint er deutschsprachig als Monatsmagazin und ist „eine Immigrantenzeitung von Minderheiten für Minderheiten“, so Kugelmann. „Wir können bestimmt nichts besser erklären, aber vieles anders.“ Die Zürcher Redaktion will künftig auf aktuelle Themen und Autorenstücke setzen. Sie wird dabei durch ein Korrespondentennetz unterstützt. Kugelmann betont, dass auch weiterhin ein liberaler politischer Journalismus im Vordergrund stehen wird. Unabhängig und kritisch gegenüber israelischer Politik oder institutionalisiertem Judentum. Die erste Ausgabe wurde vorerst an alle ehemaligen Abonnenten des alten Aufbau verschickt. Erstes Schwerpunktthema sind die Zeitzeugen von Auschwitz. Wie für diese gilt auch für die Stammleser des Aufbau, zum größten Teil Angehörige der Kriegsgeneration: Es werden immer weniger. PATRICK BAUER