: Mietwohnungen sollen Parkplatz werden
Ein Bochumer Wohnviertel soll für die Entstehung neuer Parkplätze eventuell abgerissen werden. Pläne der SPD-Fraktion verunsichern die Mieter am Ruhrstadion. Mieterverein sieht keine rechtliche Grundlage für einen Abriss
BOCHUM taz ■ Die Mieter des Bochumer Wohnviertels Küppers-Karree fürchten um ihre Wohnungen. Der Vorsitzende des Bochumer Stadtentwicklungs- und Verkehrs-Ausschusses, Heinz Hossiep (SPD), hatte am Dienstag eine Umgestaltung des Viertels in Nachbarschaft des Ruhrstadions vorgeschlagen. Die Stadtverwaltung solle prüfen, ob es für den Bereich eine „sinnvolle gewerbliche Lösung“ gebe, sagte Hossiep einst mächtiger Fraktionsvorsitzender der Bochumer SPD. An Stelle der Mietwohnungen sollen Parkplätze für die Besucher des 2003 eröffneten RuhrCongress entstehen. Dafür müssten die Wohnungen abgerissen werden.
Hintergrund ist ein so genannter „Gerstein-Plan“, der eine Umgestaltung des Stadtviertels westlich des VfL-Stadions beinhaltet. So soll ein Teil der benachbarten Justizvollzugsanstalt Krümmede und den Autoanschluss der Stadttochter er Bereitschaftspolizei abgerissen und umgebaut werden, außerdem soll der überdimensionierte Kirmesplatz sinnvoller genutzt werden. Langfristig geht es wohl darum, das Umfeld des schleppend laufenden RuhrCongress attraktiver zu gestalten.
„Für uns waren die Äußerungen ein Schock“, sagt Gerhard Kipper von der Mieterinitiative Küppers-Karree, „zumal wir von den Plänen erst aus der Presse erfahren haben.“ Gerade die älteren Bewohner des Karrees hätten Angst um die Zukunft. „Viele Leute wohnen schon seit über 50 Jahren hier, sie können sich nicht vorstellen weg zu ziehen.“ In den 150 Wohneinheiten des Küppers-Karres leben etwa 400 Personen. Schon im Sommer 2001 gab es Pläne, das Viertel abzureißen. Heinz Hossiep war damals Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft VBW, an der die Stadt Bochum 51 Prozent hält. Nach heftigem Widerstand der Anwohner wurden die Pläne verworfen. Die VBW ließ statt dessen die Häuser renovieren.
Für die Stadt werde es jedenfalls schwierig, „die Mieter loszuwerden“, sagt Michael Wenzel, Geschäftsführer des Mietervereins Bochum. Eine Rechtsgrundlage zur „Kündigung wegen höherwertigen öffentlichen Interesses“ liege jedenfalls nicht vor. „Da gibt es auf Jahre hin keine Chance“, so Wenzel. Außerdem habe VBW erst 2001 viel Geld in die Renovierung der Wohnungen gesteckt. „Wenn nun doch noch abgerissen wird, wäre es zum Fenster rausgeschmissen.“
Die Grünen im Bochumer Rat wollen die Äußerungen ihres Koalitionspartners nicht allzu hoch hängen. „Konkrete Pläne existieren nicht, außerdem ist ein Abriss mit uns nicht machbar“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Martin Piegeler. Dass die Bewohner erbost sind, könne er verstehen. Auch Pläne des CDU-Fraktionschef Lothar Gräfingholt, die zwischen RuhrCongress und Ruhrstadion stehende marode Rundsporthalle abzureißen, um das Gelände sinnvoller nutzen zu können, haben wohl keine Zukunft. Die rot-grüne Mehrheit im Rat hat sich am Donnerstag für eine Grundsanierung der Halle ausgesprochen – gegen die Stimmen von CDU und FDP. Wie sich die Christdemokraten zum Küppers-Karre verhalten ist allerdings unklar. Man solle die Pläne des Herrn Hossiep „nicht gleich in die Tonne kloppen“, wird Lothar Gräfingholt zitiert. Dass Gräfingholt für Hossiep streitet, ist kein Wunder: Beide Lokalpolitiker sitzen im Aufsichtsrat der EGR. Die Stadttochter betreibt den darbenden RuhrCongress. HOLGER PAULER