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Archiv-Artikel

Verkehrte Welt

Journalist muss zahlen, weil ein Polizeisprecher ins Mikro sprach und sich dann doch nicht im Radio hören wollte

Auf den ersten Blick haben Erbseneintopf und Medienrecht nicht allzu viel miteinander zu tun. Anders in Hamburg: Zu 80 Tagessätzen ist dort am Freitag der Radio-Mitarbeiter Werner Pomrehm vom Hamburger Amtsgericht verurteilt worden. Damit wurde sein Widerspruch gegen einen gleich lautenden Strafbefehl zurückgewiesen.

Unverhältnismäßig hart

Dabei hat der ehrenamtlich beim Hamburger Freien Sender Kombinat (fsk) arbeitende Journalist eigentlich nur seinen Job gemacht: Im November 2003 beschuldigten Demo-TeilnehmerInnen die Hamburger Polizei, mit unverhältnismäßiger Härte gegen sie vorgegangen zu sein. Dabei gab es sogar zwei Verletzte, die in der Polizei-Pressemitteilung nicht erwähnt wurden. Ganz klar ein Fall für das fsk, das schließlich den Anspruch hat, Gegenöffentlichkeit herzustellen. Pomrehm befragte einen Polizeisprecher zum Vorfall und sendete den Mitschnitt ungekürzt. Normaler Alltag im Medienbetrieb, könnte man denken.

Nicht so in der weltoffenen Hansestadt: Am 25. November durchsuchte eine dreißigköpfige Polizeieinheit die Räume des Senders sowie Pomrehms Privatwohnung, obwohl es für Letzteres gar keinen Durchsuchungsbefehl gab. Machte nichts, schließlich sei, so die damalige Begründung, „Gefahr im Verzug“. Aktenordner und Festplatten wurden beschlagnahmt.

Auslöser der Razzia war natürlich der zitierte Polizeisprecher. Er habe keine Erlaubnis für einen Mitschnitt und die Sendung des Gesprächs gegeben und sah die Vertraulichkeit des Wortes verletzt. Das Hamburger Amtsgericht schloss sich dieser Sichtweise an. Dabei bescheinigte der Richter dem fsk-Mitarbeiter Pomrehm immerhin, mit der Sendung des Interviews keineswegs das Ziel verfolgt zu haben, die Hamburger Polizei zu desavouieren. Doch die Vertraulichkeit des Wortes gelte unabhängig davon, ob jemand eine Privatperson oder ein Polizeisprecher sei, hieß es in der erstaunlichen Urteilsbegründung.

Die Angelegenheit wird damit aber nicht erledigt sein. Das fsk hat eine Verfassungsbeschwerde gegen die Polizeimaßnahme erhoben, die auch in JournalistInnenkreisen mit völligem Unverständnis registriert worden war. Der Hamburger Vorstandsvorsitzende der Deutschen Journalistenunion, Fritz Gleiß, spricht von einer „politisch motivierten Einschüchterungsaktion“.

Es ist noch Suppe da

Das alljährliche Erbsensuppenessen, zu dem die Hamburger Polizeipressestelle passenderweise am vergangenen Freitag eingeladen hatte, wurde von zahlreichen JournalistInnen – unter anderem von der taz-Hamburg – aus Solidarität mit dem fsk boykottiert. PETER NOWAK