„NPD politisch zerschlagen“

Innensenator Körting (SPD) hält wenig von dem erneuten Versuch, die NPD zu verbieten

taz: Herr Körting, wie stehen Sie zu einem erneuten Versuch, die NPD zu verbieten?

Ehrhart Körting: Es gibt in diesem Land ein rechtsextremistisches Potenzial, das wir seit Beginn der Bundesrepublik haben – mit unterschiedlichen Ausschlägen eben. Mit Verboten erreiche ich zwar eine Zerschlagung bestimmter Strukturen. Das mag mir auch helfen. Aber ich erreiche die Menschen nicht, die so denken. Derartigen menschenverachtenden Tendenzen muss ich politisch das Wasser abgraben. Ich bin deshalb eher skeptisch gegenüber einem erneuten Gang nach Karlsruhe.

Skeptisch auch, weil Sie glauben, dass ein Verbotsverfahren nicht durchkommen würde?

Allein die NPD-Äußerungen im Sächsischen Landtag reichen als Beweismittel für ihre Verfassungswidrigkeit. Ich finde es aber wichtiger, die Rechtsextremisten politisch zu zerschlagen, als organisatorisch.

Für Ihre Arbeit wäre ein NPD-Verbot doch von großem Nutzen. So würde es all die Aufmärsche nicht mehr geben, mit denen Sie sich in den vergangenen Jahren herumplagen mussten.

Das halte ich für eine Illusion. Diese Aufmärsche sind nur selten direkt von der NPD angemeldet worden, sondern von Einzelpersonen oder Kameradschaften. Bei einem Verbot wären vielleicht die NPD-Fahnen weg. Dann marschieren sie aber eben mit Reichskriegsflagge. Leute, die rechtsradikal denken, werden nicht wegen eines Parteiverbots von ihrem Denken Abstand nehmen.

Sie plädieren also eher für eine Neuauflage des „Aufstands der Anständigen“, wie er von der Bundesregierung im Sommer 2000 schon einmal ausgerufen wurde?

Den gibt es bereits. Parteiübergreifend im Bund, aber auch die Parteien und Gewerkschaften hier in Berlin begehren doch auf. Vielleicht muss man das nicht mit so überhöhten Worten wie „Aufstand der Anständigen“ aufblasen. Aber es ist erkennbar: Die große Mehrheit der Deutschen will den Rechtsextremisten nicht das Feld überlassen. Wir haben den Aufstand.

Am 8. Mai will die NPD durchs Brandenburg marschieren. Wie wird dieser Tag Ihrer Einschätzung nach ablaufen?

Es gibt bereits eine Vielzahl von Veranstaltungen gegen rechts. Und so soll es auch sein. Was die NPD betrifft: Dass Rechtsextremisten vor dem Holocaust-Mahnmal marschieren wollen, halte ich für unzulässig. Und ich bin zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht mir Recht geben wird. Wir prüfen gerade, ob eine andere Route möglich ist. Eins werden wir aber nicht tun: ihren Aufmarsch verbieten. Das Demonstrationsrecht gilt eben für alle, auch für die, die wir nicht mögen. INTERVIEW: FELIX LEE