: Jukebox
Coltrane als musikalischer Leader einer Generation
Eine spirituelle Erleuchtung habe ihn 1957 zu einem reicheren, produktiveren Leben geführt, schreibt John Coltrane – dessen Gesundheit durch die damals überwundene Drogen- und Alkoholsucht jedoch schon sehr stark angegriffen war – in den Liner Notes zu seinem einflussreichsten Werk „A Love Supreme“ im Dezember 1964. Er formulierte hier seine persönliche Hymne, sein Glaubensbekenntnis und gleichzeitig das einer ganzen Musikergeneration, die fasziniert den Buddhismus und Hinduismus umarmt, den persönlichen Christengott jedoch als mindestens gleichberechtigte Inspirationsquelle noch respektiert. Mit dem Civil Rights Act von 1964, gefolgt vom Voting Rights Act ein Jahr später, wurde jeder Form von Rassentrennung in den USA die legale Grundlage entzogen. Doch der Kampf gegen den Rassismus war noch längst nicht gewonnen; und tatsächlich gibt es nicht wenige Stimmen in der schwarzen Community, die meinen, die Situation habe sich bis heute nicht wesentlich verändert. John Coltrane war vierzig Jahre alt, als er am 17. Juli 1967 starb, Aretha Franklin sang „Respect“ in jenem Sommer, und die äußerst gemäßigte afroamerikanische Zeitschrift Ebony erklärte 1967 zum Jahr von „Retha, Rap and Revolt“. Coltranes „A Love Supreme“ wurde von den jungen Schwarzen mit Afrofrisuren, Dashikis und erhobenen Fäusten ebenso gehört wie auf den Love-ins der Pazifisten und Hippies, er brachte „das Feuer, die Leidenschaft, den Zorn, den Ärger, die Rebellion und die Liebe“ zum Ausdruck und wurde „zum Fackelträger des Jazz“ – nach seinem Tod, so befand Miles Davis, war allerdings auch die Orientierung futsch. Shepp geht heute noch weiter: Mit der Ermordung Malcolms am 21. Februar 1965 endete eine politische Bewegung, „aus der eine richtig fundierte, ernst zu nehmende hätte werden können“, und vom Tod Coltranes habe sich der Jazz dann nicht mehr erholt.
CHRISTIAN BROECKING