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Eichels Vorschlag zur Kerosinsteuer macht misstrauischRisikofreie Vorwärtsverteidigung

Eine Steuer auf Flugbenzin ist aus ökologischen Gründen zweifellos überfällig. Wenn Bundesfinanzminister Hans Eichel seinen Kollegen in der G 7 einen entsprechenden Vorschlag machen will, ist das deshalb durchaus begrüßenswert. Begrüßenswert ist auch, dass sich die reichen Länder Gedanken über zusätzliche Entwicklungsfinanzierung machen und da selbst die Bundesregierung offenbar nicht mehr zurückstehen möchte.

Hellhörig machen die zahlreichen Einschränkungen. Denn gleichzeitig mit dem vorsichtigen Ja zur Kerosinsteuer kommen aus Eichels Haus vehemente Absagen zu weiter reichenden Vorschlägen aus dem Vorfeld der G-7-Finanzministertagung. Ein vollständiger Schuldenerlass wenigstens für die ärmsten Länder, wie von Großbritannien vorgeschlagen? Nein, da müsse man differenzierter vorgehen. Eine Tobin-Steuer auf Devisentransaktionen, wie von Chirac und Schröder angeregt? Für Eichel nicht konsensfähig. Schließlich könnten böse Spekulationen nicht von realwirtschaftlich begründeten Geschäften getrennt werden.

Bedenklich stimmen die Konditionen, an die das zusätzliche Geld gebunden sein soll – darunter radikale Marktöffnung und Förderung von Privatinvestitionen. Misstrauisch macht die Vermischung von ökologischer und entwicklungspolitischer Rhetorik. Wäre der Bundesregierung wirklich an einer verkehrspolitischen Wende gelegen, dann sollte sie die Einnahmen aus der Kerosinsteuer auch dafür verwenden. Für die Entwicklungsfinanzierung muss das Geld woanders herkommen.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass der alte Vorschlag der Kerosinsteuer, der längst Teil des rot-grünen Koalitionsvertrags ist, für zwei Zwecke hervorgekramt wird: Zum einen kann sich die Bundesregierung als Wohltäter gegenüber den überschuldeten Ländern des Südens aufführen, ohne dass Eichel dafür einen müden Euro aus seinem Haushalt lockermachen muss. Zum anderen dient Eichel der Vorstoß als eine Art Vorwärtsverteidigung. Denn gleichzeitig sollen damit radikalere Vorschläge zur Schuldenstreichung und Tobin-Steuer überlagert werden. NICOLA LIEBERT

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