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Archiv-Artikel

„Kein einseitiger Prozess“

Arbeitskreis „Bremen – inklusive Stadt“ trifft sich

taz: Herr Steinbrück, was unterscheidet Inklusion und Integration behinderter Menschen?

Joachim Steinbrück, Landesbehindertenbeauftragter: Integration wird oft kritisiert, weil damit die Anpassung an eine Mehrheit verbunden wird. Inklusion dagegen ist kein einseitiger Prozess: Es geht um die Frage, wie sich die Gesellschaft oder Mehrheit verändert, um alle Menschen – auch die mit Behinderung – einzubeziehen.

Ist die sozialpädagogische Arbeit, die lange auf Integration abzielte, gescheitert?

Nein, aber vielfach steckengeblieben. Das zeigt auch meine persönliche Erfahrung: Ich dachte lange, als Blinder kann ich mit hoher Motivation und Anpassungsbereitschaft voll akzeptiert werden. Das ist aber spätestens beim Berufseinstieg gescheitert. Da musste ich einige Diskriminierungen erfahren – trotz guter Zeugnisse. Wer Integration betreibt, grenzt immer wieder aus: In Menschen, die integrationsfähig sind und die, die besondere Unterstützung zur gesellschaftlichen Teilhabe brauchen.

Wie lässt sich Inklusion konkret umsetzen?

Das bezieht sich auf alle Lebensbereiche vom Arbeiten bis zum Wohnen. In Deutschland gibt es die starke Tendenz, dass Menschen mit Behinderungen in irgendwelche Einrichtungen kommen, wo sie unterstützt werden: Förderschulen, Behindertenwerkstätte oder -wohnheime. Eine inklusive Gesellschaft dreht genau das um: Die Unterstützung kommt da zu den Menschen, wo alle sind: In den allgemeinen Schulen oder Wohnvierteln etwa.

Setzt sich ein solches Bewusstsein bereits durch?

Deutschlandweit ist man noch eher am Anfang. Bremen ist auf einem positiven Weg, besonders bei der Bildung und Teilhabe am kulturellen Leben, wie die Diskussion um die Auflösung von Förderzentren oder Projekte wie Blaumeier zeigen.

Also alles gut?

Ein klares Defizit sehe ich beim Thema Wohnen. Da ruht man sich auf Erfolgen von vor 20 Jahren aus. Und holt aktuell Außenwohngruppen in die Großeinrichtung. FRAGEN: TERESA HAVLICEK

19.30 Uhr, Martinsclub, Buntentorsteinweg 24 – 26