HAMBURGER SZENE : Stilllegen. Ganz Stade!
Die Welt ist so ziemlich der mieseste Fleck, auf den ein Mensch seinen Fuß setzen kann, denkst du, und rührst im Kaffee, der von der Farbe der Elbe ist. Du denkst es, weil du in Stade bist, ein Regenschleier sich über die Stadt gelegt hat und die sommerliche Kälte deinen Körper flutet. Du denkst es aber auch, weil hinter dir der Name eines Romanciers gerufen wird, der mit seiner „Reise ans Ende der Nacht“ ein Meilenstein der Menschheitsbeschimpfung gemeißelt hat: Louis-Ferdinand Céline. „Komm her, Céline, lass das, Céline, was machste da wieder?“
Céline (oder eher: Celin) ist ein Mädchen im Vorschulalter, das jetzt die Hand ausstreckt, bis an den Rand der Markise, und die herunterfallenden Tropfen zählt: „Pischi, Pischi, Pischi“. Den Eltern wird’s zu bunt: „Papa und Mama gehn jetzt mal was machen. Du bleibst kurz hier, bei Oma.“ – „Ich will auch mit“ – „Na-ein. Aber später, da gehen wir alle zu Rossmann.“ Na fein.
„Cehelin!“ Das muss die Großmutter sein. „Du wirst doch ganz nass.“ Jetzt, wo sie unter der Markise hervorgetreten ist. Wo sie vor einer Straßenlaterne steht, auf der eine Elster sitzt, die aus Leibeskräften kräht und krächzt. Fast wie Celin (oder Céline). Und nicht nur die. „Cehelin! Cehelin!“
„Ich komm ja schon, Oma… Weißt Du? So’n Vogel hab ich mal im Fernsehen gesehn.“
Abschalten, denkst du dir. Stilllegen. Ganz Stade. MAP