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Archiv-Artikel

Irankrieg „derzeit nicht auf der Agenda“

US-Außenministerin Condoleezza Rice verspricht bei ihrem Antrittsbesuch in London, im Konflikt um Iran-Atomprogramm alle diplomatischen Mittel auszuschöpfen. Unklar bleibt, ob die USA künftig stärker zur Zusammenarbeit mit Europa bereit sind

LONDON/BERLIN ap/afp/taz ■ Die USA planen nach den Worten ihrer neuen Außenministerin Condoleezza Rice derzeit keinen Angriff auf den Iran. Ein Angriff stehe „ganz einfach nicht auf der Tagesordnung“, sagte Rice gestern nach Treffen mit Premierminister Tony Blair und mit ihrem Amtskollegen Jack Straw in London. Washington wolle im Streit um das iranische Atomprogramm alle diplomatischen Mittel ausschöpfen, so Rice. Auf dem Flug nach London, der ersten Station ihrer Antrittsreise durch Europa und den Nahen Osten, hatte Rice den Iran scharf kritisiert. Teherans Verhältnis zu den Menschenrechten und dem eigenen Volk sei „verabscheuungswürdig“.

„Wir haben immer noch viele diplomatische Mittel zu unserer Verfügung, und wir beabsichtigen, sie voll auszuschöpfen“, sagte Rice in London zum Thema Iran. Zugleich betonte sie, es gebe „sehr wenige“ Differenzen zwischen den USA einerseits und Großbritannien, Frankreich und Deutschland andererseits. Die europäische Troika bemüht sich im Streit um Irans Atomprogramm um eine Einigung mit Teheran. Der Iran hatte den Europäern zugesagt, als vertrauensbildende Maßnahme die Anreicherung von Uran zunächst auszusetzen. Die EU will in Verhandlungen aber eine dauerhafte Aussetzung erreichen. Die USA gehen davon aus, dass der Iran mit seinem Atomprogramm militärische Ziele verfolgt, was Teheran bestreitet.

Rice wiederholte auch die Vorwürfe von US-Präsident George W. Bush gegen den Iran, die dieser in seiner Rede zur Lage der Nation am Vortag erhoben hatte. Teheran sei an der Destabilisierung der Region beteiligt, „vor allem, wenn es um die Unterstützung des Terrors geht“. Damit sollten auch die Hoffnungen auf einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zerstört werden. Rice warnte Teheran, sich bei den Nachbarstaaten Irak und Afghanistan einzumischen. Der Iran solle „transparente“ Beziehungen zu seinen Nachbarn haben. Auf dem Flug nach London hatte die US-Außenministerin erklärt: „Ich glaube nicht, dass jemand die nicht gewählten Mullahs dieses Regimes für eine gute Sache hält.“ Bei ihrem Besuch in London blieb aber offen, ob die USA unter ihrer neuen Chefdiplomatin Rice künftig zu mehr Zusammenarbeit mir den Europäern bereit sind.

Rice dankte Blair für die britische Unterstützung in den US-Bemühungen im Irak und im Nahen Osten. Großbritannien sei der „beste Freund“ der USA: „Wir haben keinen besseren Freund, keinen besseren Verbündeten.“ Beide Länder seien entschlossen, Menschen zu helfen, die nach Freiheit strebten. Straw kündigte an, dass Rice zur Anfang März geplanten Nahostkonferenz in London kommen werde.

Noch am Nachmittag wurde Rice in Berlin erwartet, wo sie Bundeskanzler Gerhard Schröder treffen wollte. Dabei dürfte auch über den Iran gesprochen werden sowie über den US-Wunsch nach einem stärkeren deutschen Engagement im Irak. Vor dem Treffen bekräftigte Regierungssprecher Bela Anda die Bereitschaft Berlins zu weiterer Aufbauhilfe für den Irak, etwa bei der Erarbeitung der künftigen Verfassung. Auch sei zu klären, ob es weitere Möglichkeiten zur Ausbildung irakischer Militärs und Polizisten gebe. Dabei gelte aber weiter der Grundsatz: „Es wir keine deutschen Soldaten im Irak geben.“ Laut Anda wird Berlin entgegen ursprünglicher Pläne keine Transportpanzer „Fuchs“ an Irak liefern. Es gebe dort keinen Bedarf mehr.

Ein weiteres Thema des knapp einstündigen Treffens zwischen Rice und Schröder sollte der Besuch von US-Präsident Bush am 23. Februar in Mainz sein.

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