Schock, lass nach : Pssst, wir schummeln selbst
AUS ISTANBUL TOBIAS SCHÄCHTER
In der türkischen Öffentlichkeit spielt der deutsche „Fußball-Wettskandal“ eine wenig beachtete Nebenrolle. Die Zeitungen berichten nur auf den Sportseiten und im Nachrichtenstil. Auf die so beliebten Kommentare wird verzichtet. Auch ansonsten wenig zimperliche Blätter halten sich zurück. Einzig die Deutschlandausgabe der Hürriyet berichtet umfangreich.
Zum einen begreifen die Redaktionen die gesellschaftliche Dimension der Vorfälle gut ein Jahr vor der WM in Deutschland nicht, wie ein türkischer Journalist meint. Zum anderen überlagern „staatstragende“ Ereignisse in der Türkei den „Fall Hoyzer“. Die Verpflichtung des Franzosen Nicolas Anelka durch Meister Fenerbahce wird gleichgesetzt mit dem baldigen Gewinn der Champions League. Auch dass ein Klub wie Borussia Dortmund mit der Hilfe des türkischen Multi-Unternehmers und Waffenlobbyisten Saadettin Saran „gerettet“ wird, wird breit abgefeiert.
Häme findet sich nicht. Man will vermeiden, dass die eigene unrühmliche Verflechtung des Fußballs mit der Mafia wieder in den Fokus rückt. Vorwürfe der Manipulation sind an der Tagesordnung. Im Zuge des alle Gesellschaftsteile betreffenden „Susurluk-Skandals“ von 1996 wurden Erstligatrainer, -schiedsrichter und -spieler letztlich freigesprochen, obwohl Tonbandaufnahmen auf nichts anderes als Schiebung schließen ließen. Auch ein ähnlicher Fall aus der letzten Saison scheint im juristischen Sand zu verlaufen. Immerhin: Seit Sommer sind die Bewertungen der Schiedsrichterleistungen durch den Verband transparent.