Rustikale Nachbarschaftshilfe

Nach dem 4:1 über Oberhausen plant der MSV Duisburg schon die Aufstiegsfeier. RWO befindet sich weiter im Abstiegskampf. Im hitzigen Derby sorgte der Ex-Duisburger Ralf Keidel durch seine rote Karte für den letzten Kick

DUISBURG taz ■ Dirk Lottner und Markus Kurth werden es heute eilig haben. Um „11 vor 11“ startet am Chlodwigplatz ihrer Heimatstadt Köln der Rosenmontagszug. Die beiden Fußballer, die mittlerweile für den Zweitligisten MSV Duisburg spielen, sind dann noch anderweitig beschäftigt. 49 Minuten zuvor erwartet MSV-Coach Norbert Meier seine Schützlinge zum Training. „Es ist nicht der erste Zug, den ich verpasse“, sagt Lottner, der sich allzu gerne als „Kölsche Jeck“ präsentiert, und knirscht wenig belustigt mit den Zähnen.

Dabei hatten er und sein Kumpel Kurth für beste Voraussetzungen gesorgt, um einen freien Tag heraus zu schinden. Mit 4:1 wurde der Niederrhein-Rivale Rot-Weiß Oberhausen besiegt. Kurth überzeugte dabei als dreifacher Torschütze. Meier, dem nachgesagt wird, dass er nicht mal wisse, was eine Party ist, ließ sich nicht erweichen. „Wir wollen aufsteigen und können noch in 30 Jahren Karneval feiern“, sagt der Norddeutsche, der schon das nächste Derby bei Rot-Weiss Essen im Kopf hat.

RWO begann das Match in der immer noch uneingenommenen MSV-Arena überlegen. Doch nach Nico Frommers Führungstor erlaubte sich Ralf Keidel eine Kopfnuss gegen MSV-Stürmer Aziz Ahanfouf. Fünf Jahre hatte Keidel für die Duisburger gespielt – bis letzten Sommer. Damit hatte er jene Epoche mitbestritten, in der beim MSV durch unteres sportliches Mittelmaß geprägter Frust regierte. Jetzt, da die „Zebras“ scheinbar unaufhaltsam der Bundesliga entgegen streben, hat Keidel die Seiten gewechselt und erlebt in Oberhausen Abstiegskampf.

Dem MSV gab er via Kopfnuss einen letzten netten Gruß, der sich als rustikale Nachbarschaftshilfe entpuppte. „Scheinbar hat Keidel noch ein großes MSV-Herz. Nach seiner Aktion haben wir richtig toll ins Spiel gefunden“, meinte MSV-Keeper Georg Koch. Zwölf Minuten benötigte Kurth (“Ich bin ja eigentlich kein Goalgetter“) für seine drei Treffer. Und als wenig später RWO-Keeper Oliver Adler, der Ahanfouf Schauspielerei vorwarf, auch noch vom Feld gestellt wurde, planten manche Duisburger wegen des komfortablen Vorsprungs auf Platz Vier schon die Aufstiegsparty. „Vielleicht klappt es ja schon im April“, rechneten besonders enthusiastische Fans hoch. 30 Spiele wären dann absolviert.

Weil in einem Derby gezielte Aufregung und Emotionen zum guten Umgangston gehören, wollten die Oberhausener die Stätte nicht kommentarlos verlassen. Als „völlig überzogen“ stufte Keidel seine Rote Karte ein und gab noch zu Protokoll, dass er ja nicht wisse, wie viel der Schiedsrichter denn bekomme habe. In Zeiten der allgemeinen Schiedsrichter-Skandale hört sich das besonders unfein an. Eugen Hach wollte „zum Spiel überhaupt nichts sagen“. Unter Wert geschlagen und betrogen fühlten sich die Gäste, die bereits im Hinspiel mit 0:2 unterlagen. Das tut gegen den Nachbarn besonders weh – zumal man im Vorjahr den Aufstieg knapp verpasste und sich nun im Abstiegskampf wiederfindet.

Den MSV interessierte das nicht sonderlich. Ab heute bereiten sie sich schon auf die nächste Party vor. „Vielleicht dauert das Training ja nicht all zu lange“ , hofft Kurth, der seinen Vertrag bis 2007 verlängerte. Lottner hat den Karneval derweil schon abgehakt. „Macht nichts, dann feiern wir eben den Aufstieg umso intensiver“, meint der Kapitän. Wenn es so weit kommt, wird Ralf Keidel bestimmt eingeladen. ROLAND LEROI