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Archiv-Artikel

Gerd ist beleidigt wegen Edmund

Der Bundeskanzler schimpft am politischen Aschermittwoch der SPD in Köln auf den bayrischen Ministerpräsidenten und dessen „Pfeifen im dunklen Keller“

BERLIN taz ■ Es war alles gut organisiert: Die Plakate mit dem Spruch „Dreimol null is null bliev null“ und den Fotos mit den Narrenkappen tragenden Gerhard Schröder, SPD-Landesvorsitzenden Harald Schartau und NRW-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück, die die CDU rund um den Tagungsort angebracht hatte, waren vor dem Eingang des Tagungsorts einfach mit weißen Tüchern zugehängt worden.

Auch die gerade mal zwanzig bis dreißig Demonstranten, die „Sozialraub stoppen! Reichtum besteuern!“ forderten, fielen nicht weiter auf: Sie gingen in der großen Menge der erwartungsfroh gekommenen Genossen unter. Und dann stimmte auch noch der ganze Saal kurz vor den Reden der drei Spitzengenossen kollektiv den Gassenhauer „Der schönste Platz ist an der Theke“ ein: Bierselig nutzte die nordrhein-westfälische SPD den politischen Aschermittwoch in Köln zur Einstimmung auf die Landtagswahl im Mai. Und es hätte auch für den Kanzler, der sich zu Beginn seiner Rede zur Freude des Publikums als „einfaches Mitglied, gleichsam als Teil der Basis dieser Partei“ vorstellte, eine sehr nette Veranstaltung sein können.

Wäre da nicht das Störmanöver aus der Passauer Nibelungenhalle. Doch so konnte sich Schröder ebenso wenig wie seine Vorredner darauf beschränken, nur die eigene Politik zu loben. Schon in seiner kurzen Begrüßungsrede hatte SPD-Landeschef Schartau grimmig gesagt: „Bei dem Thema Nazis hört der Spaß auf!“. Wer glaube, aus „der Nazi-Geschichte politisches Kapital schlagen zu können, hat in Nordrhein-Westfalen keine Chance“, so Schartau. Auch Gerhard Schröder wurde deutlich. Dem „demokratischen Gegenüber“ Schuld am Erstarken der Rechtsextremen zu geben, sei „bösartig und zerstört den demokratischen Konsens“, polterte der Kanzler. Des bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber Beschimpfungen seien ein „Pfeifen im dunklen Keller“.

„Denken Sie doch ausnahmsweise noch mal darüber nach“, forderte er Stoiber auf. „Sie erreichen nur, dass die, die im braunen Sumpf im Trüben fischen, sich die Hände reiben“, erregte er sich und rief erneut zu einem „Aufstand der Anständigen“ gegen rechtsextreme Parteien auf. Bei den über tausend Besuchern im ausverkauften Gürzenich, Kölns feiner Tagungsadresse, erntete Schröder mit seinen Attacken frenetischen Beifall. Den erhielt er auch für seine Spitzen gegen den von ihm nicht namentlich bezeichneten „merkwürdigen Chefvolkswirt der Deutschen Bank“: „Nicht jeder Professorentitel ist einer, der zu mehr Weisheit führt.“

Ansonsten bewegte sich Schröder in seiner Rede meist auf einem Terrain, wo er seine Partei hinter sich weiß: der Außenpolitik. So wiederholte er sein striktes Nein zu deutschen Soldaten im Irak. Das sei „eine Grenze, die ich nicht überschreite“. Viel Zustimmung erntete er auch für einen Satz zum Iran: „Wir wollen keine militärische Intervention!“. Weiter forderte Schröder eine Stärkung der Vereinten Nationen und eine europäische Sicherheits- und Außenpolitik. Es sei notwendig, gemeinsam „für das gute alte Europa“ aufzutreten. PASCAL BEUCKER