Plan gegen Kindersoldaten gefordert

UN-Bericht meldet abnehmende Zahl von Kindersoldaten weltweit und fordert Sanktionen gegen Gruppen und Regierungen, die Kindersoldaten einsetzen. Darauf aber hat sich der Sicherheitsrat noch nie einigen können

BERLIN taz ■ Die Zahl der Kindersoldaten weltweit hat nach UN-Angaben abgenommen. Nach 380.000 im Jahr 2003 seien es jetzt nur noch 300.000, erklärte der UN-Sonderbeauftragte für Kinder in bewaffneten Konflikten, Olara Otunnu, am Mittwoch in New York bei der Vorstellung eines neuen Berichts an den UN-Sicherheitsrat zum Thema. Zugleich aber „kommt es unverändert zu Gräueltaten gegen Kinder“, so Otunnu.

Der Bericht nennt 42 Gruppen in elf Nationen, die Kindersoldaten rekrutieren, in Kriegen einsetzen und deshalb bestraft werden sollten. Die elf Länder sind Birma, Burundi, Demokratische Republik Kongo, Elfenbeinküste, Kolumbien, Nepal, die Philippinen, Somalia, Sri Lanka, Sudan und Uganda. In drei Ländern – Birma, Kongo und Uganda – werden auch die Regierungsarmeen des Einsatzes von Kindersoldaten beschuldigt. Als Land mit den meisten Kindersoldaten gilt Kongo, wo bis zur Hälfte der 300.000 Angehörigen der zahlreichen Bürgerkriegsarmeen und Milizen unter 15 Jahre alt sein soll.

Im Vergleich zum letzten UN-Bericht dieser Art vor einem Jahr fehlen diesmal Angola, Liberia und Sierra Leone. Bei Sudan geht es heute nicht mehr um Südsudan, sondern um Darfur. Nicht mehr genannt werden paramilitärische Gruppen in Nordirland und Tschetschenien, da die britischen und russischen Regierungen gegen die Definition der dortigen Situationen als „bewaffneter Konflikt“ protestierten.

Otunnu sagte, der Sicherheitsrat sollte gegen die Verantwortlichen für den Einsatz von Kindersoldaten Sanktionen verhängen: Reiseverbote, Ausschluss aus Regierungen und Amnestiegesetzen, Waffenembargos und Kontensperrungen. Diese Forderungen sind auch im Bericht an den Sicherheitsrat enthalten. Es müsse endlich einen internationalen Rahmen geben, der die Nutzung von Kindern in Kriegen ächte und bestrafe, meinte der UN-Beauftragte, der selbst aus Uganda kommt. Die dortige Rebellenbewegung LRA (Lord’s Resistance Army) gilt als weltweit skrupellosester Rekrutierer von Minderjährigen, sogar Kleinkindern, die dann bei Überfällen auf Zivilisten zu barbarischen Morden gezwungen werden.

Otunnu kündigte nun einen „Aktionsplan“ an, der vor allem darin besteht, das Thema Kindersoldaten auf die Tagesordnung möglichst vieler UN-Gremien, regionaler Organisationen und des Internationalen Strafgerichtshofs zu setzen. Der UN-Sicherheitsrat wird sich in zwei Wochen mit dem Bericht befassen. Eine Umsetzung der Sanktionsforderung wäre erstaunlich, da der Rat sich bei vergangenen Gelegenheiten nie darauf hat einlassen können. Er behandelt das Thema regelmäßig seit dem Inkrafttreten des UN-Protokolls zum Verbot des Kindersoldateneinsatzes im Februar 2002, hat aber noch nie mehr beschlossen als weitere Prüfungen der Lage.

Zuletzt hatte der Rat im April 2004 in einer Resolution Kofi Annan aufgefordert, die Einhaltung des Kindersoldatenverbots regelmäßig zu überprüfen. Der jetzt vorgelegte Bericht ist Ergebnis eines Sicherheitsratsbeschlusses aus dem Januar 2004, als Otunnu und Annan bereits Strafmaßnahmen gefordert hatten und der Rat stattdessen die Wiedervorlage in einem Jahr beschlossen hatte. Der deutsche UN-Botschafter Günter Pleuger hatte damals gewarnt: „Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Debatte ein jährlich wiederholtes Ritual wird“ – und genau das ist jetzt passiert. DOMINIC JOHNSON