: Eilig Gesetz zusammengezimmert
Verschärfung des Versammlungsrechts wird schon am Freitag im Bundestag beraten. Gesetzentwurf stößt auf breite Kritik von Koalition und Wissenschaft
BERLIN afp/epd ■ Der Bundestag wird bereits am Freitag in erster Lesung über eine Verschärfung des Versammlungs- und Strafrechts beraten. SPD-Fraktions-und -Parteichef Franz Müntefering sagte gestern nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses, er gehe davon aus, dass damit ein Inkrafttreten bis zum 8. Mai, dem 60. Jahrestag des Kriegsendes, „garantiert ist“. Mit dem Gesetzentwurf reagiert die Regierungskoalition auf einen geplanten Aufmarsch der rechtsextremen NPD an dem Gedenktag.
Der Gesetzentwurf sieht eine Ausweitung des Straftatbestandes der Volksverhetzung vor. Auch die Verherrlichung und Verharmlosung der NS-Herrschaft sollen danach neben dem Billigen, Leugnen und Verharmlosen des Völkermords durch die Nazis strafbar sein, wenn der öffentliche Frieden gefährdet ist.
Bei weiten Teilen der Koalition stößt der Entwurf auf Kritik. Der innenpolitische SPD-Sprecher Dieter Wiefelspütz bestätigte, dass es in den Fraktionen Bedenken gegen das Gesetz gebe. Die Ausweitung des Volksverhetzung-Straftatbestandes „wird so nicht ins Strafgesetzbuch geschrieben“, sagte er. Der Grünen-Abgeordneten Silke Stokar zufolge sehen die Fraktionen die Gefahr, dass gesetzlich die richtige Gesinnung vorgeschrieben werden solle: „Wir wollen aber nicht Meinungen unterdrücken oder wissenschaftliche Auseinandersetzungen von Historikern.“
Der Staatsrechtler Christian Pestalozza hielt den Entwurf für bedenklich, weil ein Abzielen allein auf nationalsozialistisches Gedankengut eine Einschränkung der Meinungsfreiheit bedeute. Er riet, sich nicht auf eine bestimmte Gruppe zu beziehen, sondern allein die Störung des öffentlichen Friedens zum Straftatbestand zu machen. Sonst drohe das Gesetz am Verfassungsgericht zu scheitern.