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Archiv-Artikel

Ewig gegen den Teufel kämpfen

Jeff Feuerzeigs Dokumentarfilm „The Devil and Daniel Johnston“ (Panorama) arbeitet mit Tagebuchkassetten, Super-8-Filmen, und Liedern, in denen der Musiker Daniel Johnston seit der Teenagerzeit sein Leben festgehalten hat

Daniel Johnston ist Legende: mit siebzehn begann der fanatische Beatles-Fan aus Austin Songs zu schreiben, die er seiner unglücklichen Liebe widmete und mit einem Billigrekorder im Keller seiner christlich-fundamentalistischen Eltern aufnahm. Er arbeitete bei McDonald’s, verschenkte seine schrammligen Homegrown-Tapes, wurde Mitte der 80er zur lokalen Berühmtheit, spielte auf MTV und landete immer wieder wegen Schizophrenie und manischer Depression in der Nervenklinik. Die Produktivität, die er seinem Leiden abtrotzte, ist unglaublich. Er hat mehr als 300 Songs geschrieben und zahllose seltsame Bilder gemalt: Boxer mit aufgeschnittenen Köpfen führen ihre ewigen Kämpfe gegen den Teufel. Der Teufel beherrscht Texas, vielleicht auch die ganze Welt. Auf der Kunsthochschule waren ausgerissene Augen sein Markenzeichen. Darum und um Liebe, die nie Erfüllung finden darf, um Einsamkeit und Verzweiflung geht es auch in den meisten seiner naiv und extrem aufrichtig anmutenden Lieder. Spätestens nachdem Kurt Cobain 1992 nur noch im Daniel-Johnston-T-Shirt zu sehen war, war der Musiker zum Geheimtipp geworden. Große Plattenfirmen begannen sich für ihn zu interessieren. Sein Manager handelte einen Topvertrag aus. Überzeugt davon, dass die Plattenfirma mit Satan verbündet sei, schlug er aus, entließ seinen Manager und veröffentlichte weiter auf kleinen Labels.

Jeff Feuerzeigs Dokumentarfilm „The Devil and Daniel Johnston“ ist großartig. Das liegt vor allem auch daran, dass der Held sein Leben seit seiner Teenagerzeit in zahllosen Tagebuchkassetten, Super-8-Filmen, Bildern und Liedern dokumentiert hat: die Streitigkeiten mit seiner Mutter, die hallenden Schritte auf den Fluren der Nervenklinik, Lory, die Kunststudentin, die er so vergeblich liebte: dieses unglaubliche, sehr behutsam bearbeitete Material wird von Gesprächen mit Freunden, Eltern und Geschwistern, Musikern, seinem großartigen Exmanager Jeff Tartakov und Amateuraufnahmen seiner seltenen, begeisternden Auftritte zusammengehalten, vor denen er immer seine Medikamente absetzte, weil er wusste, dass alles dann intensiver war. Daniel-Johnston-Fans werden die meisten Geschichten kennen, aber dass er alles dokumentiert hat, als müsse er sich ständig sein Leben erzählen, um sich seiner selbst zu vergewissern, ist unglaublich. Nach dem Film ist man sich wieder sicher, dass Daniel Johnston einer der größten lebenden Singer/Songwriter ist.

DETLEF KUHLBRODT

„The Devil and Daniel Johnston“.19. 2., 12.30 Uhr, CineStar 7