: Ein Herz für Bill Gates
Der reichste Mann der Welt und Gründer der Firma Microsoft ist gar nicht so schlimm, wie man glaubt
Manchmal ist es nützlich, das eine oder andere seiner Weltbilder zu überprüfen. Die Jahreszeit zwischen Winter und Frühling ist besonders gut geeignet dafür. Deshalb lohnt es sich, das lange Interview zu lesen, das Bill Gates letzte Woche dem US-amerikanischen Fernsehsender ABC gegeben hat (abcnews.go.com/WNT/story?id=506354).
Nun, was glaubt man über Bill Gates? Dass er nur der reichste Mann der Welt geworden ist, weil er ein paar Ideen von anderen, wahrscheinlich klügeren Leuten, verstanden und dann für dich und mich anwendbar gemacht hat, also für Leute, die davon eigentlich rein gar nichts kapieren? Sinngemäß sagt Gates genau das in seinem Interview. An sich ist das natürlich überhaupt nicht sensationell. Er sagt nichts, was man nicht auch ohne ihn wissen könnte. Nur passt dieser eigentlich ganz vernünftige Bill Gates nicht in das Weltbild des eigentlich ganz guten Netzbürgers. Dort ist er nämlich ein ganz Böser, wenn nicht sogar der Oberteufel. Eigentlich ganz gute Netzbürger haben entweder einen Mac oder einen PC mit Linux und kürzen die Firma Microsoft grundsätzlich mit „M$“ ab. Seit neuestem kursiert das Gerücht, dass dort die meisten Angestellten einen „iPod“ von Apple besitzen, den sie aber mit einer speziellen Schutzhülle vor ihren Chefs verstecken müssen, weil sie sonst ihren Job verlieren.
Der Interviewer von ABC hat nun Bill Gates gefragt, ob er auch einen „iPod“ habe. Nein, er finde das Modell „Zen“ von Creative Labs besser, sagt er und holt dann zu einer Antwort aus, die man wörtlich zitieren muss, weil sie geeignet ist, lieb gewordene Weltbilder zu korrigieren: „Was Apple damit gemacht hat, ist mal wieder typisch. Es ist ihr und nur ihr Musikladen, es ist ihr und nur ihr Gerät. Wir dagegen bieten eine Auswahl an. So war es schon beim Mac und beim PC.“
Bekanntlich will auch Microsoft in das Online-Musikgeschäft einsteigen. Das ist weder erstaunlich noch schlimm. Schlimm ist nur das Weltbild, in dem Bill Gates ein Teufel ist. Mag sein, dass Linux tatsächlich das bessere System als Windows ist (und der Mac und der iPod sowieso die besten). Aber dass wir heute einen Computer mit Open-Source-Software benutzen und ans Internet anschließen können, das haben wir Bill Gates zu danken. NIKLAUS HABLÜTZEL