: Keine zwei Systeme
GAL will Schulpflicht für alle Kinder ab fünf Jahren. SPD-Experte: Schule erst mal kindergerecht machen
Die GAL hat dem CDU-Senat gestern vorgeworfen, noch immer kein Konzept für die Vorschulbildung zu haben. „Alle Welt redet über frühkindliche Bildung – der Senat aber redet über Gebühren für Vorschulkinder“, mahnten die GALierinnen Christa Goetsch und Christiane Blömeke und stellten nochmals ihr Konzept für ein kostenloses Angebot für alle Fünfjährigen dagegen.
Allerdings in einer in wichtigen Punkten modifizierten Variante: So rangen Goetsch und Blömeke sich dazu durch, der Vorschule gegenüber der Kita den Vorrang einzuräumen. „Mittelfristig“, so heißt es in ihrem Papier, solle das „Nebeneinander“ dieser beiden Angebote überwunden und an allen Schulen Hamburgs eine „Eingangsstufe“ geschaffen werden, die Vorschule, 1. und 2. Klassen zusammenfasst.
Die Kinder können dort je nach Lerntempo ein, zwei oder drei Jahre verweilen und bei Bedarf auch im Winter eingeschult werden. Und es soll eine Schulpflicht für Fünfjährige geben. Mit anderen Worten: Eltern, die ihr Kind lieber in einer Kita sähen, hätten nicht mehr die Wahl.
Dem vorangehen soll eine „verbindliche“ Kooperation zwischen Schulen und Kitas, für die es „Zielvereinbarungen“ geben soll. „Natürlich können unsere Pläne auch Widerstand auslösen“, sagte Blömeke. Es wäre aber an der Zeit, das „konzeptionelle Nebeneinander“ zu durchbrechen. „Hamburg ist das einzige Bundesland, das sich zwei Systeme leistet“, ergänzte Goetsch, und versicherte, dass die künftige „Eingangsstufe“ eine bessere Ausstattung haben werde als die heutige Grundschule, unter anderem durch Erzieherstellen.
In der Kita-Szene gibt es Bedenken. „Die Bedingungen, die Fünfjährige in Kitas antreffen sind schlichtweg geeigneter“, sagt Martin Peters vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. „Niemand kann mir erklären, dass es für ihn besser ist, den Vormittag auf einem Stuhl zu verbringen.“ Auch der frühere Kita-Sprecher der SPD, Thomas Böwer, merkt an: „Man kann der Schule die Sache übergeben, aber nur wenn sie sich als kindgerecht erweist.“ Dazu zähle, den Forscher- und Bewegungsdrang von Kindern zu fördern und nicht zu unterdrücken. Böwer in Anspielung auf die in Kitas häufig anzutreffenden Matschecken: „Ein Fünfjähriger muss nicht wissen, wie ‚Erde‘ geschrieben wird. Er muss wissen, wie Erde riecht.“
„Kita und Vorschule haben beide ihre Berechtigung. Man muss nur zu gemeinsamen Bildungsplänen kommen“, ergänztBöwers Nachfolgerin Andrea Hilgers und plädiert dafür, den Eltern die „Alternative“ zu lassen. Ebendies stellte gestern auch der CDU-Kita-Sprecher Marcus Weinberg in Aussicht, der schon allein „räumliche Probleme“ sieht, alle Kinder in der Schule unterzubringen. Kaija Kutter