Scherf: Der Kanzler „sieht das genauso“

In seiner Regierungserklärung blieb Henning Scherf jede klare Aussage zu den Perspektiven Bremens nach dem Ende der Kanzlerbrief-Illusion schuldig. Beim Sparen müsse „eine neue Qualität her“, kündigte er an. Und eine Perspektive für die Zäsur

Bremen taz ■ Seit einigen Wochen hatte das Bremer Rathaus eine „Regierungserklärung“ für den gestrigen Mittwoch angekündigt. Die Parlamentarier sollten verbindliche Auskunft erhalten über Bremens Lage oder besser darüber, wie der Regierungschef die Lage sieht. Aber schon im Vorfeld war klar: Das Papier, das ihm seine Verwaltung vorbereitet hatte und über dem „Regierungserklärung“ steht, wollte Henning Scherf nicht vorlesen. Denn zur Lage stand da nichts drin – eher ist es eine „Chronologie der Ereignisse“: Über die Perspektiven sagt das 31-seitige Papier nichts.

Henning Scherf wollte frei von einer schriftlichen Erklärung reden. Der Kanzler „versteht die Lage“, in die Bremen gekommen sei, versicherte Scherf, „er sieht das genauso. Wir haben darüber offen geredet“. Aber der Finanzminister habe „sich nicht bewegen wollen“. So einfach kann ein Weltbild sein. Im Interview des Deutschlandfunks am 18.2. hatte Scherf erklärt: „Wir hätten Geld nur über einen neuen Sanierungsvertrag gekriegt“ und der werde Bremen „verweigert“. Mit einer neuen Klage müsse Bremen diesen Vertrag durchsetzen. Da hatte Scherf auch behauptet, der Senat sei nicht unvorbereitet in die entstandene Lage hinein geschliddert: „Wir haben natürlich diesen Plan B, aber niemandem davon gesagt.“

Davon war gestern im Parlament nichts zu merken. Scherf erging sich in Allgemeinheiten. Es sei ein „enttäuschendes Ergebnis“. Er habe sich dennoch schriftlich Schröder „mit großen Dank“ das „faire Entgegenkommen des Bundeskanzlers“ bestätigt, weil Bremen „weiter verhandlungsfähig bleiben“ müsse – auch mit „Mitgliedern der Bundesregierung, die danach kommt“.

Das Problem sei, dass der Länderfinanzausgleich bis 2019 gesetzlich geregelt ist und dennoch vor 2019 neue Verhandlungen zur Lösung des Stadtstaatenproblems nötig seien. Bremen habe ein „Einnahmeproblem“, wiederholte er, aber die Einnahmen könnten durch landespolitische Entscheidungen „gar nicht nachhaltig verbessert werden“. Wenn man in Verhandlungen nicht weiter komme, bliebe nur die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Bei dem Thema „Was müssen wir selber leisten?“, auf das alle gespannt waren, verlor Scherf sich in Fragen. Die erforderliche Politik könne „nicht nur eine Fortsetzung dessen, was wir bisher Sparen genannt haben“, sein. Eine „neue Qualität“ müsse her, die Frage sei: „Welche Dienstleistungen können wir aufgeben?“ Man müsse „wegkommen von linearen Kürzungen“.

„Ich will das, so gut ich kann, mit der Koalition und mit den Senatskollegen packen“, versicherte er. „Wir müssen einen Weg finden, wie wir aus dieser Zäsur eine Perspektive erarbeiten.“

Klaus Wolschner