: Mehdorns wohlgeratene Erben
ABENTEUER DES SCHIENENSTRANGS Bei der Deutschen Bahn AG hat sich nach dem Abgang des alten Chefs vieles zum Guten gewandelt – auch das Personal wird immer attraktiver
Schon auf dem sauber gefegten Bahnsteig war mir die schöne Schaffnerin aufgefallen. Der Zug fuhr pünktlich los, und wenig später stand sie im blitzblanken Schlafwagenabteil vor mir. „Ihre Fahrkarte zur Kontrolle bitte!“, lächelte sie, und ihre makellosen Zähne blitzten. Sie beugte sich wie absichtslos über mich und ließ mich dabei tief in ihr verführerisches Dekollete blicken. In dem folgenden zwanglosen Gespräch über die zahllosen problemlosen Umsteigemöglichkeiten entdeckten wir viele Gemeinsamkeiten, und schon bald hing die Uniformjacke der engagierten Zugbegleiterin über einem der praktischen Bügel, mit denen jedes Abteil ausgestattet ist. Wenig später fuhr unser Zug in einen tiefen Tunnel.
Nach vier weiteren Tunneln verrieten mir die regelmäßigen Atemzüge der couragierten Kontrolleuse, dass sie eingeschlafen war. Auch ich muss weggedöst sein, als mich die sanfte Stimme des Zugbegleiters weckte, die mir im Bordbistro frischen, warmen Apfelstrudel mit einer fein abgestimmten Vanillesauce verhieß. Ich taumelte benommen in das verlockende Reich des Bordbistros mit all seinen kulinarischen Attraktionen. Ein Blick auf die elektronische Bordkontrolle verriet mir, dass der Zug lautlos mit Tempo 200 die samtene Dunkelheit durchschnitt. Bei einem frisch gebrühten Bohnenkaffee zu einem sehr fairen Preis ließ ich die letzte halbe Stunde noch einmal Revue passieren. Seit dem Weggang des alten Bahnchefs hatte sich der Service offensichtlich noch einmal verbessert. Wenn ein Rücktritt solche positiven Folgen hat, dann sollte der Nachfolger von mir aus ebenfalls zügig zurücktreten, dachte ich schmunzelnd.
Als ich nach der interessanten Lektüre des bahneigenen Lifestyle-Magazins einiges über die Reichen und Schönen dieser Welt erfahren hatte, zog es mich zurück in die vertraute Umgebung meines geräumigen Abteils. Die schöne Schaffnerin war mittlerweile verschwunden, nur ein Stück Eiskonfekt auf dem blütenweißen Kopfkissen verriet mir, dass sie jemals da gewesen war. Ich beschloss aber, in Zukunft wieder öfters mit der Bahn zu fahren, am besten mit einer neuen Bahncard, denn wie hatte die aufmerksame Bedienung im Bordbistro gesagt? „Ich finde Männer um die 50 einfach interessanter als die grünen Interrail-Jungs. Bei mir muss es schon einer mit Bahncard 50 sein!“
REISEFREUND KRIKI