Weg in die Moderne

Der Rektor der Hochschule will die Strukturen umwälzen. Dafür gibt es nicht nur Kritik. Interview mit Hochschul-Professorin Martina Roes

bremen taz ■ An der Hochschule Bremen herrscht Aufregung, seitdem der Rektor den Vorschlag gemacht hat, die Zahl der Fachbereiche von neun auf drei zu reduzieren. Titel des Plans: „Projekt zwei“. Nicht alle sind dagegen. Wir fragten Martina Roes, seit 2003 Professorin im Internationalen Studiengang für Pflegeleitung der Hochschule Bremen und Studiendekanin im Fachbereich Sozialwesen. Sie ist eine Vertreterin der jüngeren Generation der Hochschullehrer.

taz: Wer die Diskussion an der Hochschule Bremen verfolgt, gewinnt den Eindruck: Da ist ein Rektor, der die Macht an sich reißen will. Und an der Hochschule sind alle dagegen.

Martina Roes: Nein, das ist überhaupt nicht so. Hier ist der Eindruck entstanden, das „Projekt zwei“ ist ein Diktat von oben. Aber de facto hat das Rektorat von einem Diskussionsvorschlag gesprochen. Dass der explosionsartig angekommen ist, hat den Vorteil, dass jetzt alle Leute darüber sprechen, was Hochschule ausmacht.

Was ist das Problem der Hochschule?

In den alten Strukturen verheddern wir uns unheimlich. So gibt es zum Beispiel die Runde der Dekane, deren Verantwortungsbereich mir unklar ist. Hinzu kommen Dopplungen: in unterschiedlichen Fachbereichen gibt es ähnliche Studienangebote. Auch hat jeder Fachbereich oder gar Studiengang einen Beauftragten für Auslandssemester, die alle ähnliche Arbeit machen.

Verlieren die Dekane, wenn sie zugleich Konrektoren sein sollen und anders als bisher eine Vielzahl von Studiengängen vertreten müssen, nicht den Kontakt zur Basis?

Jetzt ist der Dekan ein Vertreter seines Fachs, der gleichzeitig Experte in der Selbstverwaltung sein muss. Ich hoffe, dass die Dekane zukünftig als Manager eines Fachbereichs agieren und sich ausschließlich auf die Selbstverwaltung konzentrieren.

Werden die Professoren sich jemanden von außen vorsetzen lassen, der nichts von ihrem Fach versteht?

Das wird nicht einfach sein. Aber es geht nicht darum, dass diese Person inhaltliche Vorgaben macht. Das muss Sache der Fachexperten bleiben. Derzeit – ich bin Prüfungsausschussvorsitzende, Praxisbeauftragte und Studiendekanin – besteht meine Arbeit zu 70 Prozent aus Organisation. Für inhaltliche Arbeit oder Forschung bleibt kaum Zeit.

Ist das „Projekt zwei“ auch eine Revolution gegen die Fachbereichsfürsten?

Ich würde nicht sagen, dass das in erster Linie beabsichtigt wurde. Aber bisher habe ich nicht immer den Eindruck gewonnen, dass diejenigen, die weiter in den alten Strukturen bestehen wollen, sich kritisch mit den Sachfragen auseinandersetzen.

Aber das Problem ist ja, dass die, um deren Macht es geht, im Akademischen Senat nachher zustimmen müssen.

Es muss eine Strukturveränderung geben. Das ist Konsens. Der Senat repräsentiert meines Erachtens im Moment allerdings nur diejenigen, die sich als Widerständler geoutet haben. Jetzt hat er eine Arbeitsgruppe berufen, die Alternativen entwickelt. Am Ende sollen jedoch nicht konkurrierende Vorschläge auf dem Tisch liegen. Ziel ist es, einen Konsens zu erreichen. Die Kunst liegt darin, die heterogenen Vorschläge zusammen zu bringen. Int.: mnz/kawe