Der Volksunterhalter

Wird es der Computer endlich schaffen, in unsere Wohnzimmer einzuziehen? Zeit dafür wäre es

Die Leser haben Recht, die sich seit letzter Woche beschweren, weil sie Bill Gates nicht dankbar sein wollen. Das müssen sie wirklich nicht. Nur fair sollten sie sein und bei den Fakten bleiben. Es ist eine Tatsache, dass Anfang der 80er-Jahre in der ganzen Computerwelt niemand außer Bill Gates so felsenfest davon überzeugt war, dass diese neue Technik tatsächlich von jedem Menschen benutzt werden kann – und auch muss. Sein Volkscomputer sollte sowohl billig als auch von technischen Trotteln bedienbar sein. Genau das ist der Windows-PC geworden: ein (vergleichsweise) billiges Gerät für technische Deppen.

Auf der Hannoveraner Computermesse „CeBit“, die bald beginnt, gibt es dieses Jahr nur ein Thema. Schafft es dieser Computer endlich, ins Wohnzimmer einzuziehen? Dass er seine Laufbahn als Büromaschine begann, ist nicht mehr als ein historischer Zufall. Er kann viel mehr, seine Talente sind universal. Eine Umfrage ergab, dass sich in Deutschland die Mehrheit der Jugendlichen gut vorstellen kann, keinen CD-Player und keinen Fernseher mehr zu kaufen. Wozu auch? Der PC, der bei Aldi oder bei eBay für wenig Geld zu haben ist, kann all das auch. Die meiste Musik, die wir zu Hause hören, ist binär codiert. Und das analoge Videoband stirbt aus, weil die digitale Videodisc mehr leistet. Die dazu passenden Abspielgeräte müssen deshalb ebenfalls Computer sein. Nur sind sie heute noch dümmer als der PC von Bill Gates. Sie können immer nur eines gut, Bild oder Ton, alles andere gar nicht oder lausig.

Ältere Menschen halten die Bedienung eines PC noch immer für schwierig. Er ist eben noch nicht so narrensicher, wie er sein sollte. Wahrscheinlich haben sie aber noch nie versucht, einen Videorekorder alten Stils richtig einzustellen. Sie werden sich schnell an den neuen Alleinunterhalter in ihrem Wohnzimmer gewöhnen. Einige wenige werden davon vielleicht so begeistert sein, dass ihnen Bill Gates Windows zu doof wird. Dann, und erst dann, werden sie Open-Source-Programme lieben lernen. NIKLAUS HABLÜTZEL