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Archiv-Artikel

Buddha in der Provinz

SERIENSIEGER (1) Auftakt der neuen taz-Sommerserie: Die Dauermeister im Unihockey aus Weißenfels

Sie haben alles gewonnen. Sogar Buddha. Der findet sich, als 20 Kilo schwere Statue, im Trophäenschrank des UHC Kreissparkasse Weißenfels. Das liegt daran, dass der Club aus der 30.000-Seelen-Stadt in Sachsen-Anhalt im Mai zum zweiten Mal den Deutschen Unihockey-Pokal gewinnen konnte. Und daran, dass der neue Hauptsponsor des Deutschen Unihockey-Bundes eine auf indische Kunst spezialisierten Galerie ist.

Unihockey stammt ursprünglich aus Schweden. Obwohl sie in der Halle gespielt wird, bestehen Ähnlichkeiten eher zum Eis- als zum herkömmlichen Hallenhockey, denn es wird mit Bande und hinter dem Tor gespielt, und einen Schusskreis gibt es auch nicht. Die Schläger sind aus Plastik (die besseren aus Karbon), genauso wie der mit 26 Löchern versehene Ball. Wegen des rasanten Passspiels gilt Unihockey als eine der schnellsten Mannschaftssportarten der Welt. Und genießt vor allem in Skandinavien, Tschechien und der Schweiz enorme Popularität. In Schweden kommen nur zu Fußball und Eishockey mehr Zuschauer.

Auch in Weißenfels bewegt Unihockey die Massen. Kein Wunder: In den vergangenen sieben Jahren haben die Männer des UHC Kreissparkasse siebenmal die deutsche Meisterschaft gewinnen können – und nebenbei auch noch zweimal den Pokal. Die letzte Niederlage in der Liga ist lange her: Das war am 11. Dezember 2005. Vergangenes Jahr wurde erstmals auch das Frauenteam, das in einer Spielgemeinschaft mit den Chemnitzerinnen antritt, deutscher Meister.

Für den andauernden Erfolg der Weißenfelser gibt es dabei mehrere Gründe: Sicher spielt auch eine Rolle, dass sich der Verein dank seines Hauptsponsors hochwertige Spieler aus dem Ausland leisten kann. Aktuell treten vier Finnen und ein Schweizer für die Seriensieger an. Unter Vertrag ist mit Paavo Haimila auch der beste Scorer der Bundesliga.

Aber nicht nur das Geld lockt die Spitzenkräfte in die ostdeutsche Provinz: Unter dem Motto „Studiere in Deutschland und spiele Unihockey beim UHC“ hilft der Verein interessierten Spielern auch bei der Beschaffung einer Wohnung und beim Finden eines Studienplatzes.

Doch der Weißenfelser Erfolg kommt keineswegs allein durch Legionäre zustande. Im Gegenteil: Mit Stolz blickt man im Verein auch auf die eigene Nachwuchsarbeit. 2007, 2008 und 2009 gewannen die Schüler des UHC ebenfalls jeweils den nationalen Meistertitel.

Selbst die Jüngsten jagen in Weißenfels bereits dem weißen Kunststoffball hinterher. Im Jahr 2002 begann man damit, täglich in den Kindertagesstätten der Stadt eine Unihockeystunde anzubieten, erst kürzlich wurde sogar eine U4-Mannschaft ins Leben gerufen. Weil im Weißenfelser Land weder König Fußball noch irgendeine andere Mannschaftssportart eine besonders erfolgreiche Rolle spielt (mit Ausnahme der Basketballer des Mitteldeutschen BC), stehen dabei die Chancen nicht einmal schlecht, dass die „Knirpse“ von heute auch die Bundesligaspieler von morgen sind. Bis dahin hat die Buddhastatue aus der Glasvitrine sicher auch noch fleißig Zuwachs bekommen.

PHILIP HÄFNER