: Rumsfeld wegen Folter angezeigt
Menschenrechtsvereine machen den US-Verteidigungsminister für die Misshandlung von Gefangenen verantwortlich
WASHINGTON taz ■ Zwei US-amerikanische Menschenrechtsgruppen haben wegen der Folter und Misshandlung von Gefangenen in US-Gewahrsam Klage gegen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld eingereicht. Dies wurde am Dienstag bekannt. Es ist das erste Mal, dass im Zusammenhang mit dem Folterskandal im irakischen Gefängnis Abu Ghraib und anschließend auch aus anderen US-Internierungslagern im Ausland bekannt gewordenen Misshandlungen ein Verfahren gegen ein ranghohes Regierungsmitglied vor einem US-Bundesgericht angestrengt wird.
Die Organisationen „American Civil Liberty Union“ und „Human Rights First“ erhoben die Klage im Namen von acht Männern, die während ihrer Gefangenschaft im Irak und in Afghanistan von US-Soldaten sexuell erniedrigt, geschlagen und mit Hinrichtung bedroht worden sein sollen. Der Prozess soll vor einem Gericht im US-Bundesstaat Illinois, der Heimat von Rumsfeld, stattfinden.
Die Klage stützt sich im Wesentlichen auf eine Anweisung, die Rumsfeld Ende 2002 gezeichnet hatte. Der Pentagonchef habe „brutale und illegale Verhörmethoden“ persönlich genehmigt und sei somit direkt für die Folterungen verantwortlich.
Das Pentagon wies die Vorwürfe zurück. Keine Vorschrift und keine Dienstanweisung, die vom Verteidigungsminister genehmigt worden seien, hätten eine Politik des Missbrauchs beabsichtigt oder fälschlicherweise so interpretiert werden können, hieß es in einer Erklärung.
Dem widersprechen Menschenrechts- und Hilfsorganisationen. Zwar habe es wahrscheinlich keine direkten Anweisungen von der Militärspitze zur Folter gegeben. Doch ein System, das darauf angelegt sei, „den Willen der Gefangenen zu brechen“, wie das Rote Kreuz vergangenes Jahr in einem Untersuchungsbericht feststellte, fördere den Missbrauch. Selbst eine im Dezember durchgesickerte Untersuchung des Pentagon über Militärgefängnisse in Afghanistan kam zu dem Schluss, dass unpräzise Richtlinien für die Behandlung und Befragung von Häftlingen zu Misshandlungen einlade.
MICHAEL STRECK