piwik no script img

Archiv-Artikel

„Kein neues Emanzenprojekt“

Junge Berliner HipHopperinnen machen sich stark für einen selbstbewussten weiblichen Rap – ohne Sonderstatus. Auf ihrer Internetplattform können sich Anhängerinnen und Anhänger der Musik vernetzen und über die Theorie des HipHop diskutieren

VON CONSTANZE WEISKE

„Es sind Jahre vergangen, bis ich verstanden habe, dass ich mich zum Rappen nicht in Top und kurzem Rock auf die Bühne stellen muss.“ Was sie heute auf der Bühne anzieht, ist der erfolgreichen Berliner Rapperin Pyranja egal. Ihre Songs sind mal frech und rotzig, mal lieb und sanft. Eben so, wie ihr es passt.

Den HipHop nennt sie ihre „große Freiheit“. „Damit kann ich mich ausdrücken und meine Emotionen verarbeiten“, sagt die gebürtige Rostockerin selbstbewusst. Das kann sie auch sein: Ihre jüngste Platte „Frauen & Technik“ hat sie bei ihrer eigenen Plattenfirma herausgebracht. Das dazu notwendige Wissen holt sie sich beim Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Berliner Universität der Künste.

Der Weg der Frau Mitte zwanzig war nicht immer einfach. „Gerade als Frau musste ich doppelt so hart arbeiten wie die männlichen Rapper“, berichtet sie. Erschwerend hinzu kommt nach ihrer Meinung die Darstellung der Frau in vielen Rap-Videos als „nicht ernst zunehmendes Beiwerk“. Außerdem fehlten oftmals die weiblichen Vorbilder zur Orientierung, erklärt Pyranja. Das betreffe sowohl die Kleidung wie auch musikalische Vorbilder.

Heute ist Pyranja selbst Vorbild geworden. Sie will sich einsetzen für einen starken weiblichen HipHop. Allerdings nicht im Sinne eines „neuen Emanzenprojekts“: „Warum sollte man sich als Frau abgrenzen, wenn man die ganze Zeit genau gegen diese Abgrenzung zwischen Männern und Frauen wettert?“ Das ist auch ein Grund, warum die Rapperin sich für das Berliner Projekt femalehiphop.net engagiert. Denn ein „Emanzenprojekt“ soll dies eben gerade nicht sein. „Wir wollen keine Separation der Geschlechter, sondern eine Stärkung der weiblichen Position“, erklärt die Projektleiterin Clara Völker. Dabei gehe es nicht um „blinde Frauensolidarität“.

Im Zentrum von femalehiphop.net steht eine Internetplattform, die offen für alle ist – Frauen und Männer. Dort soll es HipHopperInnen ermöglicht werden, sich zu vernetzen und auszutauschen. Neben den vier Elementen des HipHop – Rap, DJ, Graffiti, Breakdance – wird dort außerdem das so genannte „Knowledge-Element“ thematisiert. „Gerade die theoretische Reflexion über den HipHop gerät oftmals in Vergessenheit“, sagt Clara Völker. Dabei gehe es primär über die Identität als HipHopperIn.

Kommuniziert werden soll jedoch nicht nur über das Internet, sondern auch in der Praxis. Dazu veranstalten die rund zwölf jungen HipHopperinnen von femalehiphop.net mit „Female Flava“ am Samstag ihr erstes großes Event. In mehreren Workshops können sich dort sowohl HipHopper als auch HipHopperinnen von mehreren bekannten MCs (den Masters of Ceremony, also den RapperInnen) wie Pyranja, Thailan, Sookee und Sinaya Anregungen zum Breakdance, Rap und zum so genannten Writing (Graffiti, Streetart, Schablonen) holen.

„Female Flava“ findet am Samstag im Bethanien in Kreuzberg statt. Freie Workshop-Plätze (ab 15 Uhr) gibt es noch zum DJing und zur Labelarbeit. Ab 20 Uhr beginnt eine Diskussion mit mehreren DJs und dem Sozialwissenschaftler Albert Scharenberg von der FU Berlin. Anschließend ist ab 22.30 Uhr Party. Infos unter www.femalehiphop.net