: Von der Quote geschlagen
BOXEN Am Samstag tritt Susi Kentikian in der Hamburger Color Line Arena gegen die Argentinierin Carolina Gaite an. Der Kampf wird auch im TV übertragen – noch
VON ROGER REPPLINGER
Am Samstag boxt Susi Kentikian, Weltmeisterin im Fliegengewicht der Verbände WBA und WIBF, in der Color Line Arena gegen Carolina Gaite (Argentinien), die WBA-Weltmeisterin im Superfliegengewicht. Es geht um die Titel und, wie so oft im Boxen, ums Geschäft. Das läuft nicht mehr so rund.
Die ungeschlagene Kentikian, 21 Jahre alt, ist bei Spotlight Boxing unter Vertrag. Die Spotlight Boxing GmbH wurde im September 2003 als Schwesterunternehmen der Universum Box-Promotion gegründet. 18 Boxer sind bei Spotlight unter Vertrag, darunter Haudegen wie Ex-Cruisergewicht-Weltmeister Firat Arslan, und hoffnungsvolle Talente wie Kentikian, Sebastian Köber, Vitali Tajbert und Sebastian Zbik.
Spotlight hatte einen TV-Vertrag mit Pro7. „Fight Night“ nannte Pro7 seine Übertragungen, der Vertrag lief bis Ende 2009 und wurde nicht verlängert. Die Quoten in der alles entscheidenden „werberelevanten Zielgruppe“, die Pro7 mit Stefan Raab und dessen kleinen Freunden erobert hat, waren nicht wie kalkuliert. Die werberelevante Zielgruppe guckt Sendungen wie „Wok-WM“ und „Schlag den Raab“. Sie lacht über mehr oder weniger prominente Zeitgenossen, die sich lächerlich machen, sie guckte auch zu, als Box-Weltmeisterin Regina Halmich dem gelernten Fleischer Raab beim Showboxen das Nasenbein brach. Doch die „Fight Nights“ brachten zu viel Sport, zu wenig Gedöns, obwohl um die Kämpfe eine Menge Lärm gemacht wurde. Es ist einfacher, neue „Sportarten“ zu entdecken, als alte umzufunktionieren.
Am Samstag zeigt das ZDF Boxen. Auch den Kampf von Kentikian. Die Frage ist, wie lange das ZDF noch überträgt. Nikolaus Brender, der Chefredakteur des ZDF, hat angekündigt, den seit 2002 bestehenden und im Sommer 2010 auslaufenden Vertrag mit dem Hamburger Profiboxstall Universum nicht verlängern zu wollen. „In Zeiten knapper Finanzmittel muss man Prioritäten setzen“, sagte Brender in der FAZ.
Angeblich kostet die Übertragung der zwölf „Universum Champions Nights“ das ZDF 20 Millionen Euro pro Jahr. Brender verweist auf einen Beschluss der Geschäftsführung des ZDF: Man habe weniger Geld zur Verfügung und müsse sich von Inhalten trennen. Es seien nicht die Quoten, nicht der Sport, es sei nur das Geld, das fehlende, so Brender. Über die Quoten, betont Universum-Pressesprecher Christof Hawerkamp, „können sich weder ZDF noch andere Sender beklagen“.
Es kann sein, dass es sich bei Brenders Bemerkungen um den Versuch handelt, Universum unter Druck zu setzen. Denn ZDF und Universum verhandeln, auch wenn das bei Brender anders klingt, über eine Verlängerung des Vertrags. Hawerkamp gibt „diesbezüglich keine Wasserstandsmeldungen ab“.
Hawerkamp sieht Vorteile, wenn Spotlight-Kämpfe vom ZDF übertragen werden. Weil „wir es hier mit einem sportaffinen Sender zu tun haben, der eine richtige Sportredaktion hat, mit denen wir schon sieben Jahre zusammenarbeiten“. Kentikian hofft, „dass die Fans, die wir bei Pro7 gewonnen haben, zum ZDF mitgehen. Ich denke, ich werde von den Menschen gemocht.“ Hawerkamp setzt darauf, „dass Susi und die anderen jungen Boxer, die im ZDF nun zu sehen sein werden, einen Push bringen“.
Kentikian hat keine Existenzangst. Sie will „mit dem ZDF nun was Neues aufbauen“. Sie hat in einem Asylbewerberheim gelebt. Ihr und der Familie ging es anfangs ziemlich schlecht in Deutschland. Sie sollten abgeschoben werden. Dann durften sie doch bleiben, und die Chance mit dem Boxen kam. Kentikian kann sich nicht vorstellen, dass damit Schluss sein soll, nur weil das Fernsehen nicht mehr mitmacht. Was sie tun kann, damit das nicht passiert, hat sie getan: hart trainiert. Und sie wird es am Samstag tun: Gaite weg hauen. Mehr kann sie nicht machen.