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Archiv-Artikel

VIVA liebt dich nicht mehr

Die Kölner Viva-Mitarbeiter fühlen sich vom neuen Besitzer Viacom beim Umbau von Viva schlecht behandelt. Der Betriebsrat verhandelt über einen Sozialplan – vor allem für die alten Hasen

VON MARKUS GÄRTNER

Sonja Eckmann ist das Sprachrohr der Leidtragenden. Sie ist 29, seit fünf Jahren bei VIVA, Content Managerin in der Online-Redaktion und Betriebsratsvorsitzende bei VIVA plus. Man sieht ihr an, dass beim Kölner Musiksender seit der Übernahme im Juni 2004 durch den US-Medienkonzern Viacom, dem auch MTV gehört, eher Frust als Musik in der Luft liegt: verwuschelte Frisur, alle paar Minuten der Griff zur Zigarettenschachtel, in ihrer Hand eine schwarze Tasse, auf der in grünen Buchstaben ein Schlagwort prangt: Respekt.

Den hat man vergangene Woche in den Reihen der Kollegen vermisst. Da trat Deutschlands MTV-Chefin Catherine Mühlemann zusammen mit MTV-Europa-Chef Simon Guild und dem VIVA-Vorstandsvorsitzenden Dieter Gorny vor die Mitarbeiter: ohne ein Wort der Begrüßung, und außerdem zu spät. „Wir mussten auf Frau Mühlemann warten, weil sie zuerst die dpa informiert hat. Dann haben, noch während der laufenden Versammlung, Reporter angerufen, bevor die Mitarbeiter selber genau wussten, was los war“, moniert Sonja Eckmann das Vorgehen der Chefetage. „Die haben klar durchblicken lassen, dass wir noch Glück haben, dass sie den Laden nicht gleich zumachen.“

Egal ob Studio, Flur oder Großraumbüro – es gibt es nur ein Thema. Doch öffentlich sagen will keiner etwas, zu groß ist die Unsicherheit unter den Mitarbeitern. Denn obwohl im Groben feststeht, wie das neue VIVA aussehen soll, weiß keiner genau, wie es für ihn selbst weiter geht.

Eine Redaktion macht Pause: eine Runde voll langer Gesichter. Der Fernseher, natürlich VIVA, läuft im Hintergrund, ohne Ton. Stumm war zunächst auch das Personal nach der Schocknachricht über die Kündigungen. Als dann Mitarbeiter nach konkreten Zahlen für ihre Ressorts fragten, blieb Mühlemann die Antwort schuldig. „Das war keine souveräne Vorstellung, das Ganze war schon sehr entlarvend, sie wusste noch nicht mal die Namen mancher Sendungen“, erzählt ein Redakteur. Ist es Zufall oder eine Botschaft, dass er ganz in schwarz angezogen ist?

Die neue Frau an der Spitze hat nicht nur ein Faible für harte Töne, sondern auch für Zahlenspiele. Insgesamt 210 VIVA-Mitarbeiter werden entlassen – von 600, wie in den Medien zu lesen war. Überspielt wird dabei, dass von den 600 Stellen etwa die Hälfte zur VIVA-Tochter Brainpool gehört, die für einen Stellenabbau nie vorgesehen war. „Es ist eine Unverschämtheit, wie hier im Moment versucht wird, die Lage einzufärben und Zahlen schön zu reden“, klagt Stephan Faber. Er ist Redakteur bei der Hip-Hop-Sendung Mixery Raw Deluxe und ebenfalls im Betriebsrat – ab April als Vollzeitkraft, denn Mixery Raw Deluxe läuft Ende März aus. Vorgestern führte der Betriebsrat mit den Verantwortlichen von MTV die ersten Gespräche über einen möglichen Sozialplan. Dabei sollen besonders langjährige Mitarbeiter entsprechend entschädigt werden. Die Mitarbeiter, die bei VIVA beziehungsweise MTV bleiben und nach Berlin gehen, sollen Unterstützung bei Wohnungssuche und Umzug erhalten. Aus MTV-Kreisen hört man allerdings, dass nur 15 Stellen in Köln erhalten bleiben und in Berlin nur 35 zur Verfügung stehen – vorgesehen waren deutlich mehr. Am Freitag wird über einen von MTV vorgelegten Sozialplan verhandelt.

Wie es richtig gehen kann, zeigt sich ausgerechnet im eigenen Haus: Die Starbucks-Filiale im Foyer des Gebäudes hat zum 1. März zugemacht. Von den Mitarbeitern ist jedoch keiner arbeitslos geworden – sie wurden auf die Kölner Filialen verteilt.