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Archiv-Artikel

So retten sie Deutschland

Der Countdown läuft. Noch zwei Tage bis zum Job-Gipfel im Kanzleramt. Politik und Wirtschaft überbieten sich mit Vorschlägen zur Rettung der Nation. Motto: Machbar ist alles und nichts

BERLIN taz ■ Was kann beim „Jobgipfel“ von Regierung und Union im Kanzleramt schon herauskommen? 77 Prozent der Deutschen glauben: nichts. Doch inzwischen haben Politiker und Interessenvertreter aller Couleur so viele Wünsche und Erwartungen an das Treffen geäußert, dass ein Nicht-Ergebnis kaum noch möglich scheint. Irgendeine Maßnahme gegen die Arbeitslosigkeit müssen Gerhard Schröder, Joschka Fischer, Angela Merkel und Edmund Stoiber schon verkünden, wenn sie am Donnerstagabend vor die Kameras treten. Oder?

Immerhin setzen sich die Chefs selbst unter Druck. „Ich will den Erfolg“, tönte Schröder. Kein Problem, findet Merkel: „Wir wollen und brauchen den Erfolg.“ Nur was für einen?

Die Wirtschaft erhofft sich vor allem: weniger Steuern! Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt wünschte sich gestern, dass im Unternehmen verbleibende Gewinne niedriger besteuert werden. Kein Problem, findet der Kanzler. Das entspricht seinem längst gefassten Plan, der sich wohl auch am Donnerstagfrüh in seiner Regierungserklärung im Bundestag wiederfinden wird. Andere sorgen sich, dass jegliche Steuersenkung nur die Großunternehmen entlastet. Die FDP, die nicht vom Kanzler eingeladen wurde, unkte gestern: „Der Mittelstand guckt beim Jobgipfel mal wieder in die Röhre.“ Das Hauptproblem bleibt: Wenn Steuern sinken sollen, muss Geld her. Denn weitere Schulden wollen bisher nur einige SPD-Linke in Kauf nehmen – für ein Konjunkturprogramm, das wenig Chancen hat. Grünen-Chefin Claudia Roth forderte gestern, die CDU/CDU dürfe sich nicht mehr gegen den Abbau der Eigenheimzulage stellen. Dann seien auch die Grünen bereit, über die Unternehmensteuer zu reden. Kein Problem für Georg Milbradt (CDU). Er sei „sowieso nie ein glühender Befürworter der Eigenheimzulage gewesen“, ließ Sachsens Ministerpräsident wissen – um von Merkel sofort gestoppt zu werden. An eine Kürzung der Häuslebauer-Subventionen sei, wenn überhaupt, nur bei einer ganz großen Steuerreform zu denken. Also erst mal gar nicht. Merkel konzentrierte sich gestern darauf, „Bürokratieabbau“ zu fordern. Aus dem Antidiskriminierungsgesetz, zum Beispiel, müsse alles gestrichen werden, was die EU nicht zwingend vorschreibt. Kein Problem, findet Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD). Schon ein Problem, finden – bislang – noch die Grünen und die SPD-Fraktion. Aber mit der muss der Kanzler sowieso erst noch verhandeln. Und bevor er mit Merkel und Stoiber redet, wird Bundespräsident Horst Köhler heute auch noch mit einer Grundsatzrede ins große Wunschkonzert einstimmen.

L. WALLRAFF, U. WINKELMANN

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