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Archiv-Artikel

Aus Beton wird Geröll wird Beton

Rund 250.000 Tonnen Bauschutt werden in der Recyclinganlage in Gremberghoven jährlich zu wiederverwertbarem Schotter zermalmt. Das ist nicht nur umweltschonend, sondern spart Geld

Von CLAUDIA LEHNEN

Einem gefällten Baumstamm gleich liegt das Ungetüm auf der Seite, abgerissene Stahlseile ragen aus seinem Rumpf. Elend sieht der Pfeiler aus, wie er da so liegt. Und gleich wird der Riese noch kleiner gemacht werden. Der Backenbrecher hat sein ungeheures Maul schon aufgesperrt, er poltert ohrenbetäubend und wird aus dem Betonklotz gleich Steinchen machen. Staub und Kieselsteine werden am Ende des ratternden Förderbandes übrig bleiben. „Der Bauschutt wird auf Teile in einer Größe von null bis 35 Millimeter zermalmt“, sagt Ralf vom Bauer, der einen roten Schutzhelm trägt und Leiter der Remex-Betriebsstätte Köln ist.

Rund 250.000 Tonnen Bauschutt rumpeln in der Recyclinganlage in Gremberghoven jährlich über das Fließband und werden zu wiederverwertbarem Mutterboden zerquetscht. Das gesamte ehemalige Müngersdorfer Stadion hat der Backenbrecher auf dem Gewissen. Aber auch auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz kauten die Zähne der Bagger und Maschinen so lange herum, bis feinstes Geröll daraus wurde. Autobahnbrücken, Straßen, die Überreste eines Hauses – die roten Scheiben des Backenbrechers verschlingen einfach alles. Und dabei, so preisen die Firmenchefs ihr Werk, handeln sie in ihrer Zerstörungswut ganz im Sinne der Natur.

Aus Bauschutt bestehe die größte Menge an Müll, die in Deutschland überhaupt anfalle, sagt Michael Stoll, Vorsitzender der Fachgruppe Recyclingbaustoffe Nord-West. Rund 90 Millionen Tonnen Bauschutt verursachten Deutschlands Bauherren jährlich, allein in Köln eine Million Tonnen pro Jahr. Das entspricht einer Steinmenge, die sechseinhalb Mal so groß ist wie der Kölner Dom. Auf etwa 2.000 Recyclinganlagen werde dieser Bauschutt bundesweit wieder aufbereitet, so dass bei neuen Straßenbaumaßnahmen kein zusätzlicher Rohstoff verwendet werden müsse. „Wir schonen den Deponieraum, wir schonen die Baustoffe wie Sand und Kies, die aus knappen Ressourcen hergestellt werden“, sagt Stoll.

Auf staubenden Hügeln lagert auf dem Gelände der Stoff, aus dem Straßenuntergrund werden soll. Aber auch bei Bauvorhaben kommt als Basis Gremberghovener Schutt zum Tragen. Die Kölner Messe, das Rhein-Energie-Stadion, das Tacitus-Carree in Bayenthal und das Gewerbegebiet Gremberghoven verbergen unter sich den Recyclingstoff. „Alle Gebäude in der Umgebung stehen auf unserem Schotter“, sagt Ralf vom Bauer und dreht sich mit ausgestrecktem Arm einmal um die eigene Achse.

Die Umwelt werde auch deshalb geschont, weil Lastwagen, die den Schotter auf die Baustellen verbringen, nur kurze Wege zurücklegen müssen. Basalt und Kalk müssten erst aus den weiter entfernten Steinbrüchen nach Köln gekarrt werden. „Das würde bedeuten, dass pro Jahr 50.000 LKW zusätzlich nach Köln rein und wieder raus fahren würden“, sagt Stoll. Mit Remex, das seit 1994 in Köln ansässig ist, befinde sich die Quelle des Baustoffes in der Nähe der Kölner Baustellen.

Ralf vom Bauer ist auf einen Schuttberg geklettert, Michael Stoll brüllt derweil weiter gegen das Maschinengetöse an: „Baustoffrecycling ist nicht nur umweltschonend, sondern auch kostengünstig.“ Pro Tonne könne ein Bauherr rund drei Euro sparen, würde er statt Sand und Kies recycelten Baustoff verwenden. Hochgerechnet auf eine Stadt wie Köln bedeutete das ein Einsparpotenzial von rund zwanzig Millionen Euro pro Jahr. „In Zeiten klammer Haushaltslagen macht sich die Stadt Gedanken, ob sie da nicht doch lieber unser Recyclingprodukt verwendet“, sagt Bertold Heuser, der im Vorstand der Fachgruppe Recycling-Baustoffe Nord-West sitzt.

Trotz dieser ganzen Vorteile sehen die Herren, die im Anzug und mit roten Bauhelmen im Staubregen der Anlage stehen, nicht ganz glücklich aus. Schuld daran ist eine neue Verordnung, die den Deponien ab Mitte des Jahres verbietet, brennbare Abfälle anzunehmen. Das wird nach Ansicht Stolls dazu führen, dass die Deponien nicht ausgelastet sein werden. Deshalb werden sie, so die Befürchtung, ihre Preise für Bauschutt deutlich senken und damit mit Recyclinganlagen wie Remex in Konkurrenz treten. Stoll sieht betreten auf den letzten liegenden Brückenpfeiler, der noch nicht zerfetzt wurde. Sollten diese Ungetüme einst auf Deponien lagern, statt zu Schotter zermalmt zu werden, wäre das nicht nur ein Schaden für die Umwelt, sondern auch für Remex.

Wer Bauschutt abgeben möchte oder Mutterboden benötigt, kann bei Remex Köln, Gotlandstraße 15, Tel: 86 22 83, kostenlos oder gegen geringe Gebühr abgeben, was er nicht mehr braucht und mitnehmen, was er braucht