Einblick (297)

Tom Holert Kulturwissenschaftler, gelegentlich: Künstler/Kulturproduzent

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich/Sie zuletzt an- oder aufgeregt? Und warum? Tom Holert: Eine der schönsten Ausstellungen, die man in Berlin besuchen kann, ist die Quallenabteilung im Aquarium des Zoologischen Gartens. Jedes Becken enthält eine kollektiv-kinetische Skulptur und weist zugleich die Technik für eine langsame, permanente Verwirbelung der gesamten Wassersäule auf; ohne sie entstünden Turbulenzen und Luftblasen, die den Quallen Schaden zufügen. Auch kann je Becken nur eine Quallenart gehalten werden, was atemberaubende Monochromien zur Folge hat. Auch unbedingt zu empfehlen: die neuen Textbilder, Gemälde und Lampen von Josef Strau in der Galerie Daniel Buchholz („The Oriental Therapies“, bis 12. September).

Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen? In dieser Woche habe ich eigentlich nur einen Klassiker-Termin entdeckt. Der würde mich dann aber auch schon sehr reizen: Horace Andy und danach Lee „Scratch“ Perry & Adrian Sherwood (Haus der Kulturen der Welt, 17. Juli 2009).

Welche Zeitung, welches Magazin und Buch begleitet dich/Sie zurzeit durch den Alltag?Die Finanzmarktanthropologin Karen Ho hat Feldforschung unter Hedgefonds-Managern betrieben; unter anderem fand sie heraus, dass Investmentbanker schon lange unter ähnlichen Verhältnissen (Downsizing, Selbstausbeutung usw.) leiden, die sie anderen durch ihr Wirken zumuten (Liquidation. An Ethnography of Wall Street, Duke University Press 2009). Wie Wirtschaft ganz anders funktionieren und theoretisch bearbeitet werden kann, lässt sich bei den beiden feministischen Ökonomie-Geografinnen nachlesen, die unter dem Namen J.K. Gibson-Graham vor drei Jahren ihr Buch A Postcapitalist Politics (University of Minnesota Press, 2006) veröffentlicht haben.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis der Alltags macht dir/Ihnen am meisten Freude? Endlich Schutzbleche am Fahrrad. Himbeeren.