: Bei Anruf geht der Vorhang auf
Kurzfristig einstudierte Stücke an ungewöhnlichen Orten sind das Markenzeichen des Theaterwettbewerbs „Temporäre Theatrale Zone“. Bis Ende April zeigt „Drama Köln“ jeden Dienstag zwei Stücke. Der Ort wird erst am Spieltag verraten
VON MARIKA DRESSELHAUS
Der karge Raum in der ehemaligen Druckerei an der Antwerpener Straße misst etwa vier mal zwölf Meter. Wegen des schäbigen PVC-Bodens, der weißen, teils mit Edding beschmierten Wände und der Neonröhren an der Decke wirkt er wie ein Bunker. Dennoch herrscht alles andere als nüchterne Stimmung: Die meisten der etwa 100 Zuschauer, die dicht gedrängt auf Plastikklappstühlen sitzen, halten ein Bier in der Hand.
Andächtig schauen die Kulturinteressierten auf die sich ihnen darbietende Kulisse: Eine junge Frau kniet in einem prinzessinnenhaft drapierten Kleid auf dem Boden, ihr gegenüber sitzt ein gleichgültig wirkender Typ auf einem Stuhl. Sie fährt mit einer Videokamera über den Stoff ihres Kleides. Zeitgleich flimmert die auf das Kleid gestickte Buchstabenkette über den Bildschirm des daneben aufgestellten Fernsehers: „Toteau und der Autodieb“ lautet der Titel des ersten von zwei an diesem Abend aufgeführten Kurzdramen. Zusammen mit zwölf weiteren Stücken wurden sie für den diesjährigen Autorenwettbewerb „Drama Köln“ in Zusammenarbeit mit dem Theater im Bauturm aus mehr als 300 Einsendungen ausgewählt. Die drei Besten gewinnen ein Preisgeld von jeweils 500 Euro.
Das Besondere an der noch bis zum 3. Mai präsentierten Veranstaltungsreihe ist der ihr anhaftende Untergrund- und Eventcharakter. So finden die von professionellen Schauspielern sehr kurzfristig einstudierten Aufführungen an immer wechselnden Kölner Orten statt: in ehemaligen Fitness-Studios, in Apotheken oder auch alten Kinos. Die genaue Adresse wird sogar erst wenige Stunden vorher auf telefonische Nachfrage verraten.
Doch die „Temporäre Theatrale Zone“ allein auf diese zweifellos medienwirksame Inszenierung zu reduzieren, griffe zu kurz. Zumindest „Toteau und der Autodieb“ von Arna Aley und der sich anschließende, eher für ein Libretto eignende Text „Unsere Straße“ von Carsten Brandau zeugen vom Talent und der Schreiberfahrung der Autoren.
Dementsprechend schwer fiel den Zuschauern auch das Stimmzettel-Voting, mit dem die Veranstalter neben der sechsköpfigen Fachjury auch die Zuschauer mitentscheiden lassen wollen. „Beide Texte waren anspruchsvoll“, urteilt ein Zuschauer. „Ich fand den ersten aber besser, weil dialogorientierter. Da war die Handlung für den Zuschauer besser nachvollziehbar. Das zweite Stück war mir zu lyrisch. Fürs Theater einfach zu abgehoben.“ Und eine Zuschauerin resümiert: „Mir haben vor allem die Inszenierungen gefallen. Beim ersten hat mich der Live-Charakter der Fernsehbilder fasziniert, beim zweiten fand ich die Musik und das Bühnenbild Klasse.“
Zwar spielt die Inszenierung für die Bewertung der drei besten Autoren keine Rolle. Doch „Drama Köln“-Mitinitiator Malte Jelden, der in „Unsere Straße“ Regie geführt hat, freut sich über jedes Lob. „Das ist natürlich einer der Hauptgründe, warum wir das überhaupt machen. Durch die Arbeit können wir uns beruflich weiterentwickeln“, erklärt er. „Viel Geld verdienen wir damit nicht. Letztes Mal blieben für jeden gerade 75 Euro.“
„Temporäre Theatrale Zone“: Dienstags ab 20 Uhr, bis zum 26. April. Aufführung der drei besten Stücke und Preisverleihung am 3. Mai. Bekanntgabe des Spielortes jeweils am Aufführungstag ab 17 Uhr unter 0221/272 00 07 oder www.temporaere-theatrale-zone.de.