Wiefelspütz will mehr Daten sammeln

SPD-Politiker schockt Grüne und Ministerium mit Ideen zu Terrorgesetzen. Aber die Debatte habe ja „erst begonnen“

BERLIN taz ■ Eines musste Dieter Wiefelspütz gestern klarstellen. „Ich bin kein wildgewordener Datensammler“, rief der osterurlaubende Innenpolitiker der SPD-Bundestagsfraktion auf der windigen Nordseeinsel Norderney ins Handy. Doch verlangt Wiefelspütz, dass die nach dem 11. September 2001 verabschiedeten Sicherheitsgesetze nachgebessert werden. Konkret fordert er, dass der Zugriff der Geheimdienste auf Reisedaten und auf Kontenstammdaten erleichtert wird. Auch die Daten der – noch gar nicht entwickelten – elektronischen Gesundheitskarte könnten zur Terrorabwehr verwendet werden.

„Das lässt mich schaudern“, sagte der Grünen-Rechtspolitiker Christian Ströbele zur taz. „Um Himmels willen, lasst die Finger von der Versichertenkarte.“ Diese sei ja im Grunde sinnvoll. Doch wer jetzt in Aussicht stelle, dass noch nicht einmal Krankheitsdaten mehr vorm Behördenzugriff sicher wären, verhindere die Einführung der Karte. Die Grünen-Innenpolitikerin Silke Stokar sagte der taz: „Es gibt derzeit bei der SPD die Tendenz, weit über das verfassungsgrechtlich Zulässige hinaus den Zugriff auf Daten der Bevölkerung zu ermöglichen.“ Damit spielte sie auch auf den Plan des Innenministers Otto Schily an, Telekommunikationsdaten länger zu speichern. Dies hatte allerdings auch Wiefelspütz kritisiert.

Das Innenministerium war von Wiefelspütz’ Einlassungen verärgert. Zwar werde eine neue EU-Richtlinie demnächst den Online-Zugriff auf Fluggastdaten ermöglichen. Aber „es ist uns ein komplettes Rätsel“, ob und wie solch ein Online-Zugriff auch bei Autovermietern, Reisebüros oder Bahnunternehmen funktionieren solle, sagte eine Ministeriumssprecherin. Genau das aber fordert Wiefelspütz.

Doch war der SPD-Politiker gestern auch etwas unsicher, ob er sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. „Die Diskussion hat ja erst begonnen“, sagte er. Bald wird Schily den Auswertungsbericht zu seinen Sicherheitsgesetzen der Öffentlichkeit vorstellen. Bei dieser Evaluation dürfe es „keine Denkverbote“ geben, sagte Wiefelspütz. Er hoffe auf einen Gesetzentwurf „vor der Sommerpause“. Das nennt Ströbele „unrealistisch“. UWI

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