: Weg mit den alten Gäulen
Für jede Tradition ist mal das Ende der Fahnenstange erreicht: bei den Bremer Bierbrauern von Interbrew will man bei einer „behutsamen Produktentwicklung“ immer weniger von alten Segelschiffen und archaischen Fuhrwerken wissen
Traditionspflege? Auch. Aber alte Zöpfe wollen gleichfalls mal gestutzt werden. Da ist zum Beispiel die Besatzung der Bark „Alexander von Humboldt“, der jüngst das Freibier gestrichen wurde. Immerhin zwei Flaschen pro Tag für jeden Segler waren das. Sie kamen aus dem Hause Interbrew (einst Beck & Co). Hintergrund der Streichmaßnahme ist auch die Änderung des Marketingskonzepts der Bremer Bierbrauer. Denn die „Alexander von Humboldt“ kennt man vor allem als das flaschengrüne Segelschiff auf blauer See, auf der sich eher raue unrasierte Männer zum fröhlichen Biergenuss trafen. Dazu sang Joe Cocker mit kratziger Stimme „Sail away“.
Leinen los und weg. Das war einmal. Denn der frische Werbewind bei Beck’s hat das Schiff weit weg in den Hintergrund gedrängt, während sich in den neuen Werbespots im Vordergrund junge Menschen zum Strandleben drängeln. Natürlich weiter beim Bier. „Für das neue Kampagnenkonzept galt es, Produkt- und Markenpersönlichkeit behutsam weiter zu entwickeln“, weiß Carsten Cordes, der verantwortliche Marketing Manager bei Beck’s.
Bei dieser behutsamen Fortschreibung von Geschichte bleiben archaische Fortbewegungsmittel eben auf der Strecke. Das stolze Segelschiff nurmehr ein Detail in der Kulisse – das zum einen. Zum anderen ist gleich das vollkommene Aus für die Brauereipferde von Beck & Co. zu vermelden, die doch seit Jahrzehnten zum bewährten Bremer Stadtbild zählten. Am heutigen Donnerstag werden die Rappen zum letzten Mal ein mit Bier beladenes Gespann in die Innenstadt zu Brauereikunden ziehen.
Was vordergründig einfach auch als schnödes Sparkonzept gesehen werden kann. Ein insgesamt rückläufiger Biermarkt, das Einwegpfand, die Mautgebühr: das sind alles gute Gründe, um Kosten zu vermeiden, die ein eigener Pferdestall so macht. Im sechsstelligen Bereich jährlich sollen die gelegen haben. Aber wirklich zeitgemäß ist ein Pferdefuhrwerk eben auch nicht mehr.
Nach der letzten Runde gehen die sechs Interbrew-Rappen an die neuen Besitzer in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Ein kleines Türchen zur Traditionspflege aber wollen sich die Bierbrauer offen halten: Bei besonderen Anlässen wie beim Freimarktsumzug sollen die Pferde dann doch den Prunkwagen von Beck’s ziehen. TM