Union zahmer als Fischers Diplomaten

Die CDU verzichtet auf juristische Mittel, um frühe Aussage des Außenministers im Visa-Ausschuss zu erzwingen. Grüne wollen heute Termin nennen. Interne Kritik im Auswärtigen Amt nimmt zu: Botschafter nennt Fischers Krisenmanagement „miserabel“

AUS BERLIN LUKAS WALLRAFF

Für den Osterurlauber Joschka Fischer gab es gestern eine gute und eine schlechte Nachricht. Zuerst die gute: Wenn er nicht freiwillig erscheinen möchte, bleibt dem Außenminister ein Auftritt im Visa-Untersuchungsausschuss vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai erspart. Die schlechte: Die Kritik an seiner Amtsführung aus dem Kreis der deutschen Diplomaten und dem eigenen Auswärtigen Amt (AA) nimmt zu.

So warf der Botschafter in der Schweiz, Frank Elbe, dem Minister vor: „Das Management der gegenwärtigen Krise ist miserabel.“ Wegen des Streits über die Nachrufpraxis für verstorbene Diplomaten drohe eine „Spaltung im Auswärtigen Amt“, schrieb Elbe in einem Brief an Fischer, der in der Bild-Zeitung nachzulesen war. Ein so offen ausgetragener Konflikt gilt für das Auswärtige Amt als extrem ungewöhnlich. „Sie verlangen hier Unmögliches von mir“, sagte Fischers Sprecherin, als sie nach einem vergleichbaren Fall aus der Vergangenheit gefragt wurde. Vor Elbe hatten bereits 70 AA-Beamte dagegen protestiert, dass Fischer die bisherige Nachrufpraxis abgeschafft hatte. Bis dahin waren auch frühere Nationalsozialisten ausdrücklich mit Nachrufen in der internen Ministeriumszeitschrift geehrt worden. Um Lobsprüche auf Exnazis zu vermeiden, verfügte Fischer inzwischen, dass es gar keine Nachrufe mehr geben solle, sondern nur noch kurze Todesnachrichten. Diese Entscheidung missfällt vielen Diplomaten so sehr, dass sie in Unterschriftenlisten und Briefen protestieren. Über ihre Motive, dies gerade jetzt, mitten in der Visa-Affäre, öffentlich bekannt zu machen, wollte Fischers Sprecherin nicht spekulieren. Fischer halte jedenfalls trotz der Kritik daran fest, dass es keine ehrenden Nachrufe für Exnazis mehr geben soll.

Im Vergleich zum Diplomatenaufstand wirkt die Union fast moderat. Der Obmann der CDU im Visa-Ausschuss, Eckart von Klaeden, will in der heutigen Sitzung zwar einen Antrag einbringen, Fischer spätestens am 12. Mai vorzuladen. Er nahm jedoch seine Drohung mit juristischen Schritten zurück, falls die rot-grüne Mehrheit ablehne: „Wenn es um zwei oder drei Wochen geht, werde ich deshalb nicht vor Gericht marschieren.“

Von Klaeden versuchte stattdessen, Fischer an der Ehre zu packen, und erinnerte an eine Aufforderung des SPD-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück an Fischer, Fehler „mannhaft“ zuzugeben. „Zu dieser Mannhaftigkeit wollen wir ihm Gelegenheit geben“, sagte von Klaeden – wohl wissend, dass man sich auch bei Rot-Grün Sorgen macht, der Minister könnte bei einer allzu langen Verschiebung seines Auftritts als Drückeberger gelten.

Der grüne Ausschuss-Obmann Jerzy Montag beeilte sich denn auch zu erklären: „Wir werden einen Terminvorschlag machen.“ Man werde „morgen wissen, wann Herr Fischer auftritt“, sagte Montag gestern der taz.