: Die Arbeit der Regie am Heldentum
STAUFFENBERG Zeugenschaft und Fiktion: Die Filmreihe „Operation Walküre“ im Zeughauskino
Das Bild ist noch frisch. Tom Cruise in Wehrmachtsuniform. Der US-Schauspieler in der Rolle eines deutschen Nationalsymbols. Das aufgeregte Medienrauschen klingt noch im Ohr. Hier hieß es, Bryan Singers „Valkyrie“ (2008) mache aus Oberst Graf Schenk von Stauffenberg eine geschichtsentleerte Actionfigur. Dort verlieh man Cruise bedeutungsvoll einen „Bambi für Courage“. Die einen schwärmten vom Imagegewinn für Deutschland, die anderen witterten Nationalismus und protestierten vor dem Premierenkino gegen eine Ikonisierung des Attentäters. Doch welche Bilder haben sich Filme über das misslungene Bombenattentat vom 20. Juli 1944 gemacht, ehe der prominente Scientologe die Augenklappe anlegte?
An vier Abenden zeigt das Zeughauskino eine Auswahl zunächst (west-)deutscher Produktionen, „Valkyrie“ bildet den Abschluss. So lässt sich verfolgen, wie sich die Ikonografie des Anschlags bereits in den ersten beiden Verfilmungen von 1955 herausgebildet hat: die Aktentasche mit dem Sprengsatz zu Hitlers Füßen, das hektische Telefonieren der Verschwörer, dann Major Remer, der mit dem Hörer in der Hand strammsteht, als der totgeglaubte Führer zu ihm spricht. Zuletzt die Erschießung im Hof des Bendlerblocks mit Stauffenbergs letztem Ausruf, gerichtet an Deutschland. Sowohl Falk Harnacks „Der 20. Juli“ als auch „Es geschah am 20. Juli“ von Georg Wilhelm Pabst stellen den Oberst in den Mittelpunkt der Handlung. In beiden Filmen ist der Attentäter vor allem ein Held am Telefon. Stauffenberg privat – das hat es in den 1950er-Jahren noch nicht gegeben. Vor allem aber hat sich die öffentliche Wahrnehmung der historischen Figur gewandelt. Wird die militärische Opposition um Stauffenberg heute zur Identitätsstiftung für das wiedervereinigte Deutschland herangezogen, galt sie damals in weiten Bevölkerungskreisen noch als Verrat.
Um den detaillierten Ablauf der Verschwörung, ihr Scheitern und ihr Nachspiel geht es in zwei Dokumentarfilmen. Aus heutiger Sicht ungewöhnlich selbstreflektiv erscheint Franz Peter Wirths Fernseh-Zweiteiler „Operation Walküre“ (BRD, 1971). Stauffenberg-Darsteller Joachim Hansen bereitet sich am Schminktisch auf seine Rolle vor und legt die Augenklappe an. Sein Schauspielkollege Karl-Heinz von Hassel lässt sich vom echten Major Otto Ernst Remer, der maßgeblich an der Niederschlagung des Putschs beteiligt war, den militärischen Gruß erklären.
„Geheime Reichssache“ (BRD, 1979) von Jochen Bauer verwendet Originalszenen des Schauprozesses zum 20. Juli vor dem sogenannten Volksgerichtshof. Die NS-Führung wollte das mit versteckter Kamera gedrehte Material zunächst für Propagandazwecke einsetzen, hielt es dann aber unter Verschluss. Richter Roland Freisler setzte alles daran, die Angeklagten zu demütigen und niederzuschreien. Bei Freislers Gebrüll wird deutlich: Das Originalmaterial und die späteren Interviews mit Beteiligten vermitteln stets so viel mehr Entsetzen über die Zeit und Verständnis der Hintergründe als jede fiktionale Reinszenierung. SONJA M. SCHULTZ
■ Alle sechs Filme im Zeughauskino des DHM. Eröffnung heute um 19.00 Uhr mit „Der 20. Juli“ von Falk Harnack. Mit einer Einführung von Sylvia Foelz www.dhm.de/kino/index.html