Kein ruhiges Plätzchen

Einen stillen Ort zum Lernen zu finden, ist schwierig. Die paar Bibliotheken, die überhaupt am Wochenende und bis in den späten Abend geöffnet haben, sind meist überlaufen. Eingangskontrolle bei den Juristen

von Marc-André Rüssau

Ein Bildungstraum in Glas ist die neue Zentralbibliothek Recht: Bücher auf fünf Stockwerken, 600 Arbeitsplätze mit Laptopanschlüssen, 75 Internet-PCs und dazu ein computergesteuertes Lüftungssystem, das für angenehmes Raumklima sorgt. Außerdem ist sogar am Wochenende bis Mitternacht geöffnet – einen vergleichbaren Service bietet keine andere öffentliche Bibliothek in Hamburg.

Darum aber wird der Platz in der Jurabibliothek knapp. „Wir fangen alles auf“, beklagt Annegreth Lummert-Latour von der Bibliotheksverwaltung. „Wenn die Staatsbibliothek um neun Uhr zumacht, kommen alle Studenten hierher.“ Als bei den Juristen zahlreiche Examensarbeiten anstanden, wurden Studierende aus den anderen Fachbereichen deswegen nicht mehr hereingelassen. Am Wochenende wurde sogar ein Sicherheitsdienst zur Kontrolle der Besucher engagiert. „Normalerweise ist aber jeder bei uns willkommen, der die Bibliothek nutzen will“, versichert Lummert-Latour – nachts und am Wochenende ist dafür allerdings ein Bibliotheksausweis nötig.

Alternativen zur Jurabibliothek in der Nacht gibt es in Hamburg aber keine. Und sonntags hat sonst nur noch die ärztliche Zentralbibliothek in Eppendorf mit 217 Arbeitsplätzen geöffnet. Aber auch unter der Woche brauchen hiesige Studenten Geduld, um einen angenehmen Rückzugsort zum Büffeln aufzuspüren: „Einen richtig guten Platz habe ich bisher überhaupt noch nicht gefunden“, erklärt Tim Meyer, und der Anglistik-Student ist immerhin schon im dritten Semester. Die Arbeitsplätze in der Bibliothek seines Fachbereichs seien ihm zu hellhörig. Deswegen trifft er sich mit Referatsgruppen in leeren Seminarräumen oder gleich im Café: „Da ist es aber schwierig, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.“

Richtig lernen ist in den Cafés rund um den Campus sowieso nicht gern gesehen: Selbst ein vor den Büchern platzierter Kaffee schützt bei hohem Gästeaufkommen und genervter Bedienung nicht lange davor, rausgeworfen zu werden. Alternative: Studentische Cafés wie die „T-Stube“ im Pferdestall am Allende-Platz. Auf gemütlichen Sperrmüll-Sofas kann sich hier jeder beliebig lange aufhalten und so ziemlich alles machen. Nur Ruhe gibt es eben darum auch nicht: Wenn nicht gerade Soziologen am Nachbartisch diskutieren, hört meist der Kommilitone am Kaffeetresen laut Musik.

Für ein ruhiges Plätzchen muss man darum weiter fahren: Im Informatikum in Stellingen und im Geomatikum beim Schlump gibt es zahlreiche studentische Arbeitsräume. Die sind zwar karg eingerichtet, aber außer Stille, einem Tisch und ein paar Stühlen brauchen die meisten Lerngruppen nichts.

„Mehr davon“, fordert AStA-Vorstand Stefan Kühn auch für den zentralen Campus. Der Rechtsbibliotheks-Sicherheitsdienst koste pro Einsatz 550 Euro – „für das Geld sollte sich die Uni lieber einen Hausmeister leisten, der auch am Wochenende ein paar studentische Arbeitsräume aufschließt“, meint Kühn.

Womöglich werden aber die Bibliotheken aller Fachbereiche schon bald studentenfreundlicher: Laut CDU-Senat ist geplant, in den neuen Uni-Fakultäten die Fachbibliotheken räumlich zu „konzentrieren“, was längere Öffnungszeiten ermöglichen soll.

Bis dahin bleibt hiesigen Studenten nur, auf einen trockenen Sommer zu hoffen. Dann könnten zumindest Laptopbesitzer den Campus dank des jüngst installierten „Wireless LAN“ als Freiluftbüro nutzen.

Zentralbibliothek Recht, Schlüterstraße 28, Mo–Fr 7–24 Uhr, Sa 8–24 Uhr, So 10–24 Uhr. Ärztliche Zentralbibliothek, Martinistraße 52, Mo–Fr 9–22 Uhr, am Wochenende bis 18 Uhr. Geomatikum, Bundesstraße 55, Mo–Fr 6–21.30 Uhr. Informatikum, Vogt-Kölln-Straße 30, Mo–Fr 7–20 Uhr