ausstellung : Entführung in eine surreale Welt
Wer derzeit des Nachts am Kölnischen Kunstverein vorbei geht, mag an einen Wackelkontakt glauben: Das Licht im großen ebenerdigen Saal geht in unregelmäßigen Abständen an und aus. Der Ausstellungsraum selber ist leer. Lediglich zwei Zettel an den beiden Schmalseiten klären den Besucher zu den Öffnungszeiten über die Installation des polnischen Konzeptkünstlers Cezary Bodzianowski auf.
Das Saallicht reagiert über einen Sensor auf das Geschehen im Wohnblock auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Wird dort hinter einem Fenster eine Lampe angeknipst, geht auch im Kunstverein das Licht an. Auf diese Weise „kommunizieren“ die beiden Gebäude von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen miteinander. Wer nicht daran glauben mag, dass die Häuser durch diesen Dialog ihre Seelen offenbaren (so ein Deutungsvorschlag des Künstlers), dem offeriert Bodzianowski noch die Person des „Herrn Wohnblock“ als Herr über die Lichtschalter.
Wem das zu wenig ist, der kann sich im Kino des Kunstvereins eine Reihe Dias des 37-Jährigen ansehen, der in Köln seine erste Einzelausstellung hat. Darin hält er seine skurrilen Performances fest. So „erklettert“ er als Alpinist Schneehaufen, geht mit Handschellen gefesselt durch die Stadt, klettert in einen Baum und macht in luftiger Höhe die rumänische Sportgymnastin und Olymiasiegerin Nadja Comaneci nach oder spannt sich als bunt bemalter Regenbogen zwischen Klo und Badewanne.
Mit diesen Aktionen, die – sofern im öffentlichen Raum – meist unangekündigt stattfinden und von denen lediglich diese Dias existieren, greift er in die alltägliche Routine der überraschten Beobachter ein, die oft auch zu unfreiwilligen Teilnehmern werden. Er entführt sie für eine kurze Zeit in eine andere, surreale Gegenwelt und lässt sie an der Realität des Gesehenen zweifeln. Bodzianowski selber versteht seine Performances als Weiterentwicklung gemalter Bilder.
Die Konzeptkunst des Polen Cezary Bodzianowski ist in sich stimmig und konsequent gelebt. Sie fordert eher den Intellekt und die Phantasie des Betrachters heraus und appelliert weniger an seine Sinne. JÜRGEN SCHÖN
„Ein und Aus“: Kölnischer Kunstverein, Hahnenstr. 6, bis 1. Mai, dienstags bis sonntags 13-19 Uhr