Schöngeister für die Hafencity

LITERATUR Mit 85 Lesungen will das neu geschaffene Harbour Front Festival die Hafencity beleben. Das Programm haben Literaturinitiativen gestaltet

Literatur in die Hafencity zu bringen: Ein Anliegen, das angesichts des permanenten Baulärms in dem neuen Stadtteil nicht gerade nahe liegt. Andererseits genau deshalb nötig – und für Politiker so handlich: Wie das für Ende August anberaumte „subvision“-Kunstfestival wird auch das literarische „Harbour Front Festival“ nach weniger als zwei Wochen vorüber sein. Eine temporäre Bespielung, wie sie die Politiker so lieben, auf dass sich die Künstler bloß nicht festsetzen in der profitträchtigen Hafencity. Trotzdem wissen die Politiker um deren mäßig Beliebtheit in der Bevölkerung, und so wird eventisiert und belebt, was das Zeug hält.

Jetzt also Literatur: 85 Veranstaltungen will Organisator Peter Lohmann, Ex-Geschäftsführer des S. Fischer-Verlags, im September in der Hafencity und auf St. Pauli präsentieren.

Das Programm bietet ausschließlich marktgängige Autoren verschiedenster Genres: Wolf Biermann, Feridun Zaimoglu, Daniel Kehlmann, Elke Heidenreich, Sibylle Lewitscharoff, Hellmuth Karasek und Cornelia Funke sind darunter. Auch thematisch wollte man keinen roten Faden: „Wir wollen den Menschen kurz vor der Frankfurter Buchmesse nationale und internationale Neuerscheinungen präsentieren“, sagt Lohmann, und es klingt ein bisschen nach Verlagslobbyismus.

Trotzdem haben die Organisatoren des Festivals, das die Kühne und Nagel Stiftung mit 500.000 und die Kulturbehörde mit 120.000 Euro finanzieren, geschickt agiert: „Sie haben, anders als die HEW-Lesetage im Frühjahr, Hamburger Initiativen vom Literaturhaus bis zur Subkultur zur Mitwirkung eingeladen“, sagt Tina Uebel, Autorin und Mitorganisatorin des „Machtclubs“, der drei Veranstaltungen zum Festival beisteuert. „Wenn ich nicht dahinter stünde, würde ich für alles Geld der Welt nicht mitmachen.“ Ja, sagt sie, von Unmutsäußerungen habe sie gehört. Dingfest machen lassen die sich allerdings nicht. Als Motiv käme allenfalls Neid der Nicht-Eingeladenen in Frage, vielleicht auch Kritik angesichts des wenig prägnanten Programms.

Angelegt ist das Festival, das von einem eigens gegründeten Verein geführt wird, auf zunächst drei Jahre. Lohmann möchte „spätestens 2011“ rund 100 Veranstaltungen bieten. Zunächst aber müsse man sehen, „wie Hamburg auf das Festival reagiert“. Er rechne mit 15.000 bis 20.000 zahlenden Zuschauern.

Ob auch die Kulturbehörde über 2009 hinaus Geld zuschießt, ist offen. „Wir werden erstmal schauen, wie sich das Festival anlässt“, sagt eine Sprecherin. Weitere Zuschüsse in den kommenden Jahren seien allerdings „nicht ausgeschlossen“.PETRA SCHELLEN

9.–29. 9. 2009. www.harbourfront-hamburg.com