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Archiv-Artikel

Zwölf Kilometer zum Ärgern

KOHLEKRAFTWERK Die geplante Fernwärmeleitung führt mitten durch Altona. Moorburg-Gegner hoffen, dass sich durch die Baustelle Widerstand gegen die Vattenfall-Pläne regt

Die „Gruppe Elchtest“ findet, dass die Trassenbaustelle leichter angreifbar sei als die Kraftwerksbaustelle

VON GERNOT KNÖDLER

Der Energiekonzern Vattenfall will eine zwölf Kilometer lange Fernwärmeleitung durch Wilhelmsburg und Altona bauen. Die Fernwärmeauskoppelung soll das Kohlekraftwerk in Moorburg ökologischer machen. Der Bau ist von der Stadtentwicklungsbehörde genehmigt worden, in diesen Tagen soll es losgehen. Klimaschützer hoffen, mit der langen Leitungsbaustelle einen zusätzlichen Punkt zu finden, an dem sie gegen das Kraftwerk vorgehen können.

Vattenfall hat in Moorburg mit dem Bau eines Steinkohlekraftwerks begonnen, das 80 Prozent des in Hamburg benötigten Stroms und 40 Prozent der Fernwärme liefern können soll. Die Fernwärme hilft Vattenfall, den Kühlwasserbedarf aus der Elbe zu minimieren. Zudem kann es den Wirkungsgrad des Kraftwerks von 46,5 Prozent auf 61 Prozent erhöhen – ein Argument, das die Bedenken gegen das Projekt zerstreuen soll. Das Kraftwerk ist umstritten, weil es den Kohlendioxidausstoß Hamburgs massiv erhöhen würde.

Die Wärme aus Moorburg soll die Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Wedel ersetzen, das 2013 abgeschaltet wird. Deshalb muss eine Leitung durch den Hafen nach Altona Nord gebaut werden. Im Hafen liegt sie überirdisch; die Süd- und Norderelbe und die Rethe werden unterquert. Der Bohrer unter der Norderelbe wird an der Ecke Simon-von-Utrecht- / Holstenstraße ans Licht kommen.

Von dort aus werden die Rohre in offenen Gruben zum Gewerbegebiet am Diebsteich gebaut. Um den Straßenverkehr nicht zu sehr zu beeinträchtigen, buddeln die Arbeiter am Rande der Holstenstraße, weiter durch den Walter-Möller-Park, am Wohlerspark entlang und durch den Berta-von-Suttner-Park. 397 Bäume müssen gefällt werden, 291 werden neu gepflanzt. Für die übrigen zahlt Vattenfall einen Ausgleich von 760.000 Euro.

„Wir hatten ursprünglich eine Planung gemacht, die durch die Holstenstraße verlaufen wäre“, sagt Vattenfall-Sprecherin Sabine Neumann. Die Stadtentwicklungsbehörde habe aber verlangt, durch die Parks zu planen. Das sei mit der Behörde noch vor der letzten Bürgerschaftswahl so besprochen worden, weil ein Teil des Schwerlastverkehrs aus der Stresemannstraße auf die Holstenstraße umgelenkt werden sollte, rechtfertigt sich der Altonaer CDU-Fraktionschef Uwe Szczesny. Eine Baustelle auf der Holstenstraße wäre dann schwer vorstellbar gewesen. Leider habe sich die Beruhigung der Stresemannstraße verzögert. „Hinterher ist man schlauer“, sagt Szczesny.

Dass Parks aufgegraben werden und Bäume dran glauben müssen, dürfte den Widerstand gegen das Kohlekraftwerk verstärken. Im Stadtteil kursieren Gerüchte, nach denen der Trassenbau mit einem Umbau und einer Verschmälerung des Grünzugs Altona zwischen Fischmarkt und Wohlerspark verbunden wäre – eine Behauptung die Szczesny ins Reich der Fabel verweist: Die Pläne für den Grünzug würden zusammen mit einem Masterplan für Altona unter weitreichender Bürgerbeteilung erarbeitet. Das Verfahren beginne nach der Sommerpause.

So oder so wollen AnwohnerInnen gegen die Trasse und das Kraftwerk vorgehen. Für den 22. August ist, ausgehend vom Bernstorffstraßenfest, eine Fahrraddemonstration entlang der Trasse geplant: Start 15 Uhr. Auch unter den Bewohnern der Hafenstraße, deren Häuser unterquert werden, soll es rumoren. Auf der Website www.indymedia.org diskutiert eine „Gruppe Elchtest“, dass die Baustelle der Fernwärmetrasse viel leichter anzugreifen sei als die Kraftwerksbaustelle. „Dazu muss in die Köpfe, dass es eben gegen Moorburg und Vattenfall und eben nicht nur um vermeintlich harmlose Fernwärme geht“, schreibt sie.

Jan van Aken, Kandidat der Linken für die Bundestagswahl, hofft, dass die lange Baustelle zusätzliche Aufmerksamkeit für das Thema Moorburg erzeugen wird. „Wenn das plötzlich vor der eigenen Haustür ist, wird sich was verändern“, glaubt er.