: 1994–2005: Ruanda trauert
Ruanda gedenkt dieser Tage des Völkermordbeginns vor genau elf Jahren. Schon am Wochenende lief vor 10.000 Gästen der Spielfilm „Hotel Rwanda“, der heute auch in Deutschland anläuft (siehe Seite 17). In der Nacht zu gestern gab es eine Totenwache im Stadion der Hauptstadt Kigali. Im Vordergrund steht die Bestattung neu aufgefundener Opfer des Genozids. „Im ganzen Land haben wir Massengräber geöffnet“, sagte Jean-Pierre Karabaranga vom Kulturministerium.
Seit Mitte März laufen in ganz Ruanda nämlich „Gacaca“-Prozesse gegen Täter des Völkermordes – Dorfversammlungen, bei denen Laienrichter Angeklagte und Zeugen miteinander konfrontieren. „Diese Anhörungen haben uns geholfen, bislang unbekannte Massengräber zu identifizieren“, so Karabaranga weiter. Bis zu eine Million Menschen sollen vor den 12.103 Gacaca-Gerichten erscheinen. Höchstrangiger bisher war Ruandas Verteidigungsminister Marcel Gatsinzi, der 1994 die Offiziersschule von Butare leitete.
Die ruandischen Hutu-Milizen im benachbarten Kongo, die zum Teil von Tätern des Völkermordes geführt werden, sorgen für Spannungen bei den Gacaca-Gerichten. Milizionäre überqueren angeblich nachts die Grenze nach Ruanda und bedrohen Aussagewillige. 83 Angeklagte flohen in den ersten Tagen der Gacaca-Prozesse aus Ruanda nach Kongo.
Die politische Führung der Milizen FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) sicherte letzte Woche einen Gewaltverzicht und die Teilnahme am UN-Demobilisierungsprogramm zu. Aber eine Milizenfraktion hat sich davon distanziert, und FDLR-Führer Ignace Murwanashyaka erklärte diese Woche, man sei „noch nicht bereit“. D. J.