: Ude oder Lackschuh
Münchens Oberbürgermeister erobert Hamburg kabarettistisch: Ein Abend in Alma Hoppes Lustspielhaus
Dass sich die Grenzen zwischen Politik und Theater immer mehr auflösen, gilt in Zeiten anschwellender Christiansenisierung als Allgemeinplatz. Ungewöhnlich aber ist, dass sich eine – wenn auch nur kommunale – Polit-Größe nach Feierabend auf die Kleinkunstbühne stellt und das Volk ohne Hintergedanken schlicht unterhalten möchte. Christian Ude wagt das – und es endet nicht in Peinlichkeit.
Der gelernte Journalist, der bei der Süddeutschen Zeitung volontierte, ist seit 1993 Oberbürgermeister von München. Als Ventil für angestauten Gremienfrust dienen dem 57-jährigen graumelierten Schnurrbartträger das Verfassen von Anekdotenbüchlein und die Bühne. Derzeit tingelt Ude mit seinen „Szenen und Satiren“, einer Mischung aus Lesung und Kabarett, durch die Lande – am Mittwoch gastierte er in „Alma Hoppes Lustspielhaus“.
Da man dem Münchner im gut bürgerlichen Hamburg-Eppendorf offenbar kein abendfüllendes Programm zutraute, musste sich Ude auf der Bühne mit dem Ahrensburger Jazz-Pianisten und „Boogie-Woogie-König“ Axel Zwingenberger abwechseln – eine eher suboptimale Idee.
Während der OB im Cordsakko nämlich das Publikum mit unaufgeregt-deutlich vorgetragenem Honoratiorenbayerisch und subtilem Witz elegant in seine Welt entführte, stampfte der Musiker mit grasgrünen Lackschuhen wie ein Derwisch auf den Bühnenboden und wirkte so, als hätte man ihm das beifallheischende Dauergrinsen vorab ins Gesicht gefräst.
Ude ist ein Geschichtenerzähler mit Gespür für die Pointe. Man glaubt ihm gerne, dass er meistens sehr nahe an der Realität bleibt. Etwa, wenn er von seiner ersten Sitzung als Vorsitzender des „Projektausschusses des Aufsichtsrats von Erdgas Südbayern“ berichtet, in die er kurz nach Amtsantritt völlig unvorbereitet hineinschlitterte. Oder über die Albträume stöhnt, die ein Münchner OB in der Nacht vor seinem ersten Fassanstich auf dem Oktoberfest hat. Oder endlich die Geschichte „Naddel und ich“ vorliest, die den Horror-Trip zu einer Talkshow beschreibt. „Abd el Farrag ist auch da“, hatte der Redakteur Ude vorab stolz zugeraunt.
Der dachte ob des „orientalisch klingenden“ Namens, er müsse in der Sendung gewiss Zeichen gegen Fundamentalismen setzen. Doch bereits im Treppenhaus des Fernsehstudios „blieb mein Blick dann in einem Ausschnitt hängen.“ Er stand vor Naddels „Silicon Valley“. Und dem sonst so beredten Manne wollte partout nichts Geistreiches einfallen: „Ich sagte einfach nur: Ö-ha.“ Markus Jox