: Mordermittlungsakten werden durchforstet
RECHTE TERRORZELLE Polizei überprüft alle ungeklärten Mordfälle seit 1998. Bislang keine Anhaltspunkte für eine Tatbeteiligung des NSU
Auch die Berliner Polizei überprüft, ob die rechte Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) in der Stadt Morde begangen hat. Aufgefallen ist bisher eine ungeklärte Tat aus dem Jahr 2000: Damals wurde ein aus Jugoslawien stammender Mann umgebracht. In Polizeikreisen wird jedoch es als unwahrscheinlich eingeschätzt, dass die Rechtsterroristen dafür verantwortlich sind. Dagegen spreche, dass die Tat nicht auf dem Bekennervideo des NSU erwähnt werde und die Schüsse auf den Exjugoslawen aus keiner der 20 bei dem Trio gefundenen Waffen stammen, sagte ein Ermittler der taz. „Es gibt keinerlei belastbare Verbindungen des NSU nach Berlin.“
Derzeit werden in allen Bundesländern Ermittlungsakten gewälzt, um eventuellen weiteren Taten des NSU auf die Spur zu kommen. Bei der Überprüfung von 63 ungeklärten Todesfällen im Zeitraum von 1998 bis 2011 ist die Berliner Polizei auf den Fall vom 17. März 2000 gestoßen. Der 51-jährige Mann war in der Eulerstraße im Wedding in seinem Zeitungsladen mit Schüssen in den Kopf getötet worden war. Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers hatte am Montag im Innenausschuss die Überprüfung bestätigt, aber keine genaueren Angaben zu dem Fall gemacht.
Überprüft werden Koppers zufolge auch 190 Ermittlungsverfahren zu unaufgeklärten Banküberfallen in dem Zeitraum. Aber auch dabei spreche bisher nichts für eine Beteiligung des NSU. Das Terrortrio soll mindestens 14 Banküberfälle in Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern begangen haben.
Nochmals untersucht werden zudem zwei Sprengstoffanschläge von 1998 auf das Grab des langjährigen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Berlin und Zentralrats der Juden, Heinz Galinski. Er ist auf dem Jüdischen Friedhof in der Heerstraße begraben. Laut Koppers gibt es auch bei diesen Taten bislang keine Anhaltspunkte für einen Zusammenhang mit dem NSU.
Der Fraktionschef der Linken, Udo Wolf, verwies darauf, dass hinter rechtsextremistischen Straftaten nicht selten Strukturen stünden, die Polizei bislang aber oft von Einzeltätern ausgegangen sei. Wie man mit solchen Versäumnissen umgehe? Ziel des neu gebildeten Terrorabwehrzentrums von Bund und Ländern sei, auch Fragen wie diese zu diskutieren, sagte Koppers dazu. WOS, PLU