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Archiv-Artikel

Eigentliche eine Kehrschaufel

SERVICE-ROBOTER Geräte, die selbstständig das Staubsaugen übernehmen, drängen auf den Markt. Doch mit der Alltagstauglichkeit hapert es noch nach zehn Jahren Entwicklung

„Kein Saft mehr“, sagt die Verkäufern. Es sei über den Tag zu lange damit herumgespielt worden

VON E. F. KAEDING

Er ist der Traum einer jeder Hausfrau, jedes Studenten, jeder Oma – von jedem, der auf Haushaltsarbeit keine Lust hat: der Staubsauger-Roboter. Vor zehn Jahren brachte die US-Firma iRobot den Roomba auf den Markt. Rund wie eine Flunder und nur so dick wie ein Sonnenschirmfuß war er der erste Staubsauger-Heimroboter der Welt. Seitdem sind nach Angaben der Firma mehr als sechs Millionen Roombas über den Ladentisch gegangen und die Entwicklungsphase hat die dritte Generation erreicht.

Eine Erfolgsgeschichte, zu der seit wenigen Jahren auch andere ihr Kapitel beitragen wollen. Nicht nur Unternehmens-Exoten aus Asien, sondern gestandene Elektronikriesen wie LG, Samsung und Philipps. Was ist also dran an dem kleinen Service-Roboter? Ist er nach einem Jahrzehnt Pionierarbeit so weit, den Staubsauger im Alltag abzulösen?

Zwei Geräte von der langen Liste der auf dem Markt angebotenen Modelle durfte der Autor in einem lokalen Haushaltswarengeschäft ausprobieren: den Robo-Com der US-Firma Hoover für 399 Euro und den Navibot SR-8895 Silencio von Samsung für 599 Euro. Beide lassen sich über einen berührungsempfindlichen Bildschirm am Gerät steuern und auch beim Aussehen gibt es nur kleine Unterschiede.

Samsung trumpft mit einer dunklen Hochglanz-Plastikoberfläche und dynamischen Kurven – ganz wie ein modernes Ufo. Hoover setzt bei der Oberfläche auf anwendungsbezogene Stumpfheit: nie wieder fettige Fingerabdrücke wegpolieren! Sowohl mit seiner reduzierten grauen Farbe als auch mit der schwerfälligen Form erinnert das Gerät eher an eine Landmine als an etwas, das man auf dem Wohnzimmerparkett liegen haben möchte.

Der erste Test gilt der Startfunktion. Ein Knopfdruck setzt beide Geräte in Bewegung, der Hoover schaltet sich allerdings gleich wieder ab. „Kein Saft mehr“, sagt die Verkäufern. Es sei heute über den Tag zu lange damit herumgespielt worden. Zurück in der Ladestation, erklärt sie, sei er in drei Stunden arbeitsbereit. Der Akku hält dann wie lange? Gute 60 Minuten. Das Problem aber ist nicht der leere Akku, es ist der kleine Besen aus Kunststoff, der den Dreck auf dem Boden zu sich und zu der Bürstenrolle im Unterboden heranfegen soll und damit die Arbeit leistet. Er ist angebrochen und es scheint nur eine Frage der Zeit, bis er ganz abfällt.

Die Verkäuferin gibt zu bedenken, dass Robot-Com seit zwei Monaten auf der Ausstellungsfläche stehe und gerne vorgeführt werde. Eine ernüchternde Tatsache, denn seine Spielwiese ist eine Art Schreibtisch, jeweils zur Hälfte mit Parkett und Büroteppich belegt, eigentlich kein zu anspruchsvolles Gelände.

Es bleibt Samsungs Silencio SR-8895. Der schnurrt scheinbar schwerelos über die Teststrecke. Seine beiden Kunstfaser-Besen drehen sich wie bei einer Kehrmaschine und sammeln den kaum zu erkennenden Staub auf. Als er dem Ende des Tisches zufährt, bleibt er stehen wie angepriesen, zuckt zurück vor dem Abgrund und fegt in eine andere Richtung weiter. Der lackierten Eichentreppe zu Hause wären Dellen erspart geblieben. Abseits der Teststrecke auf richtigem Hallenboden mit großen Hindernissen funktioniert der SR-8895 in gleicher Weise: Er fegt den leichten Staub und herumliegende Krümel auf. Dazu hält er vor einem Schrank genauso wie vor dem Fuß der Verkäuferin. Der Halteabstand lasse sich zentimetergenau programmieren, sagt sie.

Leider sind das nicht die einzigen Einrichtungsgegenstände in einem Haushalt. Und so müssen sich die kleinen Geräte die verbreitete Kritik gefallen lassen, dass Elektrokabel eine unüberbrückbare Hürde und Tisch- oder Stuhlbeine ein auswegloses Labyrinth für sie darstellen können. Sie fahren sich fest oder ziehen im schlimmsten Fall die Lampe von der Fensterbank, so dass Oma und Student eben doch wieder zum konventionellen Staubsauger greifen müssen, um die Scherben aufzusaugen.

Praxistauglich sind sie, wenn überhaupt, nur auf Hartböden und Hochflor-Teppichen und in Wohnräumen, wo nicht allzu viel Mobiliar im Weg steht. Für einen normalen Haushalt mit drei bis vier Personen, gibt die Verkäuferin zu, seien die Geräte eigentlich nicht geeignet. Aber dafür, dass die Geräte so teuer seien, liefen sie ganz gut, sagt sie abschließend – und wundert sich in diesem Moment vielleicht selbst – über all die Menschen, die so viel Geld ausgeben für einen Staubsauger-Roboter, der eigentlich eine Kehrschaufel ist.