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Archiv-Artikel

„Sie müssen uns glauben“

taz-Interview mit Peter Bruckmann vom Landesumweltamt über falsche Messungen von Feinstaub, die schlimmsten NRW-Straßen und die Frage, warum nach den Luftpartikeln nichts mehr folgen wird

INTERVIEW: ANNIKA JOERES

taz: Dortmund sprach schon von 36 Tagen mit zu viel Feinstaub in der Stadt, da gab ihr Institut noch 35 Tage an. Erst heute sehen auch Sie die Überschreitung. Wie kann das sein?

Peter Bruckmann: Unsere Daten sind die richtigen. Dortmund hat sich auf Veröffentlichungen des Umweltbundesamtes verlassen, die nicht mehr nachgeprüft werden. Das Institut setzt die Messungen, die ja auch von uns stammen, einfach eins zu eins ins Netz. Sie haben nur die Rohdaten. Wir bereinigen unsere Fehler.

Fehler – sind das zu hohe Messungen?

Nicht unbedingt. Manche Geräte fallen auch aus, dann sind die Werte zu niedrig. Aber wir hatten beispielsweise eine Messstation, die gereinigt wurde und da hatten sich viele Partikel gelöst. Daher wurde ein sehr hoher Messwert vorgetäuscht. Wir prüfen alles nach – unseren Werten müssen Sie glauben!

Offensichtlich messen Sie auch in unterschiedlichen Zeiträumen – dabei macht es einen großen Unterschied, ob ich drei Rush-Hours mit Autolawinen berücksichtige oder nur zwei.

Es gibt nur einen korrekten Zeitraum, und der ist von Null bis Null Uhr. Nur dieser darf nach europäischer Norm gezählt werden. Alles andere sind gleitende Werte fürs Internet, die falsch interpretiert werden können.

Wer bestimmt, an welchen Orten gemessen wird?

Das Landesumweltministerium und wir, das Landesumweltamt. Wir haben das ganze Land in 38.000 Straßenabschnitte geteilt und uns die am höchsten belasteten Verdachtsfälle rausgegriffen. Das sind enge Straßenschluchten, die dicht bebaut sind und auf denen viele LKW fahren.

Warum wird dann in Köln immer noch nicht gemessen?

Das bedauern wir außerordentlich. Das war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Die Stadt Köln hat selbst ihr Messnetz 2003 still gelegt, um Kosten zu sparen.

Das ist zwei Jahre her, seitdem können sich Kölns Feinstäube ziemlich ungestört ausbreiten.

Wir schließen die Lücke Ende April. Wir haben lange nach dem passenden Ort gesucht, die Stadt hat lange für ihre Genehmigung gebraucht und als diese dann vorlag, war unser Haushaltsjahr zu Ende und wir konnten keine Aufträge mehr vergeben. Wie gesagt, das lief alles sehr ungünstig. Wir gehen aber auch nicht davon aus, dass Köln so stark belastet ist: Die Straßen dort sind relativ breit und der LKW-Verkehr gering.

Die strengere EU-Norm ist lange bekannt. Wieso überschreiten die Städte sehenden Auges die Grenzwerte?

Das dauert alles lange. In Duisburg, Hagen und Düsseldorf gibt es ja schon länger Luftreinhaltepläne, die wirken aber nicht sofort. Im Vergleich zu anderen Ländern stehen wir aber ausgesprochen gut da, Düsseldorfs Aktionsplan ist bundesweit Vorreiter. Das wird auch die Europäische Union honorieren.

Neu ist ja nicht der Feinstaub in der Luft, sondern seine Messung. Hat der Schadstoff in den letzten Jahren überhaupt zugenommen?

Nein, im Gegenteil: Seit 1981 ist er etwa um die Hälfte zurückgegangen. Wir müssen allerdings auch einräumen: Seit 1997 hat sich da generell wenig getan, sind die Werte nur in einigen Städten, zum Beispiel in Duisburg, besser geworden.

Vor ein paar Jahren waren die Ozonwerte in aller Munde, heute sind es die Feinstäube. Welcher Schadstoff kommt als nächstes?

Das Thema ist jetzt erst einmal ausgereizt. Feinstäube sind die gefährlichsten Schadstoffe in der Luft.