: „Wir wollen die nächste Stufe erreichen“
IRANISCHE STUDENTEN Radikale Forderungen bringen nichts, sagt ihr Hamburger Sprecher
■ promoviert an einer Hamburger Uni und ist offizieller Pressesprecher der Gruppe „22khordad“. Der Name steht für den 12. Juni, den Tag der iranischen Wahlen.
taz: Kurosh, auf den Hamburger Demos, die ihr organisiert habt, waren mehr Leute als bei denen der Exil-Parteien. Was ist da erwacht?
Kurosh: Die Exil-Parteien waren nur mäßig erfolgreich. Unsere Generation, die die Revolution nicht erlebte, die nie exilpolitisch aktiv war, ist gewissermaßen unbefleckt. Das animiert auch Iraner, die die letzten 30 Jahre in ihren Wohnzimmern verharrt haben, sich uns anzuschließen.
Auf den Demos sieht man, wie ihr und die Exilparteien euch voneinander abgrenzt. Wo liegen die Differenzen?
Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, nur so weit zu gehen, wie das iranische Volk geht. Wir könnten zwar weit radikalere Forderungen stellen als das iranische Volk, aber wir wollen die Bewegung dort nicht überholen. Die politisch-organisierte Minderheit der Exil-Iraner will genau das.
Hier haben wir die Freiheit, das ganze System in Frage zu stellen. Was ist daran falsch?
Wenn wir jetzt sofort radikalere Positionen einnehmen würden, würde das iranische Volk dies nicht akzeptieren. Die Iraner wissen, dass eine Wandlung nur schrittweise funktioniert. Für uns heißt das: Die Bewegung dort gibt den Takt vor – und wir müssen ihr folgen.
Wie folgt ihr dem Takt?
Mit dem markantesten Symbol der Bewegung: Der Farbe Grün. Es ist nicht die Farbe Mussawis, es ist ein Symbol für demokratische Forderungen.
Wie ernst ist es euch? Manch Ältere fragen sich: Wann werdet ihr Jungen euch wieder den Parties zuwenden?
Wir machen an einem Wochenende eine Demo, am nächsten gehen wir in die Disco. Ich sehe da keinen Widerspruch. Es ist dieses Muster: Wir sehen das Glas halb voll, die sehen das Glas halb leer. Wir wollen die nächste Stufe erreichen, die wollen gleich auf die Spitze des Berges.
Auch Du vermummst Dich auf den Demos, obwohl Du hier aufgewachsen bist. Wie gefährdet fühlt ihr euch?
Viele von uns sind mit einem Visum hier. Einreisenden Studenten werden in Teheran die Pässe abgenommen. Je nachdem wie man sich im Ausland verhalten hat heißt es: Passrückgabe oder Festnahme. Auch die deutschen Stellen nehmen das ernst: Das Vermummungsverbot wurde für uns aufgehoben.
Interview: Jan-Mart Knoche