Feiern is nich

Gestern war der 50. Geburtstag des Hamburger Bürgermeisters Ole von Beust. Passend zu seiner Sparpolitik verzichtete er aber auf die große Party. Dafür ist nun die „Bild“-Zeitung eingesprungen

AUS HAMBURG SILKE BURMESTER

Während in Hamburg ein Schulkind verhungert, überlegt man sich im Senat, 13 Euro monatlich für das Mittagessen im Hort einzufordern. Das erste Hamburger Frauenhaus wurde eingespart, und in den sozialen Brennpunkten sollen die Schwimmbäder geschlossen werden. Kinder, deren Eltern arbeitslos sind, haben keinen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Nein, die Zeiten sind nicht gut für Menschen, die nicht in Hamburgs edlen Vororten wohnen. Aber für Ole. Den Hamburger Goldjung’, der alles dafür tut, dass die Hansestadt nach außen in lichtem Glanze strahlt: Bambi-Verleihung, Jungfernstieg-Verschönerung, Mövenpick-Hotel im alternativen Schanzenpark, Hafen-City und Olympia-Bewerbung.

Gestern wurde Ole 50 Jahre alt. Nachdem seine Oma ihn streng erzogen hat, weiß er, dass es sich nicht schickt, dick aufzutragen, wenn andernorts die Leute Suppenküchen privat organisieren müssen. Deshalb hat der Schill-überlebende Bürgermeister an seine Partei- und Wirtschaftsfreunde die Parole ausgegeben: „Feiern is nich“. Das übernimmt nun die Bild-Zeitung. Adel verpflichtet. „Schade, die große Geburtstagssause hat er abgesagt“, kommentiert die überparteiliche Zeitung das Geschehen, das schließlich ein wahres Fest geworden wäre. Für die, die ohnehin satt sind.

Zwei Blatt ist den Springer-Journalisten ihre Huldigung wert, damit Ole Poppenspeeler wenigstens hier die Puppen tanzen lassen kann. Vier Sonderseiten, „Sonderveröffentlichung“, sind es geworden, im Querformat. RTL, BMW, Barmer, Kaffeeonkel Darboven, Hapag Lloyd, die Ex-Promi-Friseurin Marlies Möller und Radio Hamburg haben das Sonderangebot der Bild-Anzeigenabteilung genutzt und gratulieren vollmundig. Chefredakteur Kai Dieckmann, der zu seiner Hochzeit mit Titten-Titlerin Kessler im Hamburger Rathaus den Jubelkanzler Kohl anreisen ließ, lässt von Beusts Politrealität freilich ganz anders betrachten: „Die Hamburger“, so heißt es in seinem Blatt, „sind hochzufrieden mit seiner Arbeit“. – Bleibt die Frage, woher die Zehntausende kommen, die seit seinem Amtsantritt so häufig zu Demonstrationen auf der Straße waren?

Dabei hat es für Ole Popp, wie seine Großmutter den Lütt’n zu nennen pflegte, nicht immer so Bild-mäßig gut ausgesehen. Auch das enthüllt das Blatt, wenn es in Oles Fotoalbum blättern lässt. Noch in den 70er-Jahren, von Beust war schon Mitglied der Jungen Union, wäre er lieber eine Frau gewesen. Zusammen mit Parteifreundin Sylvia Baltes posierte er für die Kampagne „Frauen für die CDU“, die insgesamt von wenig Erfolg gekrönt war. Auch auf der persönlichen Ebene wurde dem damals Anfang-20-Jährigen die Wende zum Guten verwehrt: Ole blieb ein Mann. Er hat diese persönliche Schlappe kompensiert, wie es frustrierten Männern eigen ist, durch Gewalt gegen Schwache: Brechmitteleinsatz trotz Todesfolgen, Bauwagenplätze räumen, Kinderknast einrichten, eine Drogenpolitik in den Gefängnissen, die Experten entsetzt – die Liste ist lang, mit denen der zarte Ole, der noch 1981 den Christian-Anders-Lookalike-Kontest hätte gewinnen können, sich zum Hardliner gemausert hat. So etwas geht nicht ohne Unterstützung. Wir sagen: danke, Bild!