LESERINNENBRIEFE
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Alles keine Zeile wert

■ betr.: „Wo es wirklich um Würde geht“, taz vom 16. 1. 12

Vielen Dank für die Zeilen von Wolf Schmidt. Die Medienwelt, inklusive der taz, hält sich seit einiger Zeit mit den „Verfehlungen“ des Bundespräsidenten auf, anstatt aktiv dazu beizutragen, dass das Thema „Zwickauer Zelle“ nicht, wie von mir erwartet, so langsam im Nebel verschwindet. Als ob es was Besonderes sei, dass solche Typen in solchen Positionen die besten „Beziehungen“ haben. Würde man mal genau bei der Gesamtheit der „hohen Herren“ recherchieren, würde man auf so viele „Topconnections“ stoßen, dass man gar nicht wüsste, wo man anfangen sollte zu schreiben. Im Prinzip alles keine Zeile wert, zumindest nicht im Hinblick auf die absolut katastrophale Situation, dass mitten in Deutschland Nazis Menschen ermorden, Behörden darin involviert sind und sich jetzt nur diverse Kommissionen, Untersuchungsausschüsse bilden, die zwar richtig sind, aber vermutlich nicht viel entdecken werden. In der Ablehnung von Nazitum ist die Bevölkerung offensichtlich bereits weiter als die Politik, siehe Magdeburg am Wochenende. MIKE DRESCHER, Rhauderfehn

Die uralte Vermittlertradition

■ betr.: „Privatjustiz im Hinterzimmer“, taz vom 16. 1. 12

Und wenn der Mann sich als interkultureller Mediator titulieren würde, wäre dann der Tenor ein anderer gewesen?

Etwas klingt sie ja an, die uralte Vermittlertradition, die auch dahintersteckt – weltweit übrigens. Nur nehmen wir andere Worte dafür. Das ist ziviles Engagement! Dass in dieser Position, wie bei europäischen Juristen und Richtern auch, einiges unter den Teppich gekehrt oder anders gewichtet wird, ist menschlich. Genauso wie die Gier in unserem Kulturkreis, alles in der Öffentlichkeit breitzutreten.

Solange Menschen ihrem Friedensrichter eher vertrauen als den Menschen, die offiziell Gesetze auslegen, um Bestrafungsquantitäten abzuwägen, wünsche ich jenen einfach nur viel Erfolg, menschliches Einfühlungsvermögen und soziale Kompetenz.

HENDRIK FLÖTING, Berlin

Vorteile des Friedensrichters

■ betr.: „Privatjustiz im Hinterzimmer“, taz vom 16. 1. 12

Ja, die Sache ist problematisch, wahrscheinlich sogar ein Problem. Aber gibt es nicht auch handfeste Vorteile des Friedensrichters für die Betroffenen?

Opferentschädigung und Opferschutz sind im deutschen Recht unterentwickelt, wie man ja weiß. Verklagt jemand einen anderen zivilrechtlich vor einem deutschen Gericht, dann hebt gegebenenfalls der Angeklagte die Schultern und behauptet, kein Geld zu haben. Der Kläger bekommt recht, aber nicht viel mehr und hat am Ende zusätzlich die Gerichtskosten zu tragen. Beim „Friedensrichter“ zahlt im Zweifel die Familie des „Angeklagten“. Rache ist ebenfalls weniger zu erwarten als bei einem Gang zum deutschen Gericht.

Kurz: Problem ja, aber sollte die deutsche Justiz die Gelegenheit nicht nutzen, sich zu fragen, was sie besser machen kann?

RAINER GIESZMANN, Herne

Mehr Vollzeitarbeitsplätze schaffen

■ betr.: „Kürzungen bei Witwenrente. Sozialverbände empört über Forderung“, taz vom 17. 1. 12

Dieser unverantwortliche Vorstoß ist ein Affront gerade gegen ältere Menschen ab 50 Jahren, die in Deutschland heute kaum noch einen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob bekommen, von dem sie menschenwürdig leben können. Wie wäre es zur Abwechselung mal, wenn die deutschen Arbeitgeber endlich mehr Vollzeitarbeitsplätze in Millionenhöhe dem deutschen Arbeitsmarkt präsentieren und weniger Leih- und Zeitarbeiter als billige Arbeitskräfte zweiter Klasse ausbeuten. ALBERT ALTEN, Wernigerode